Auf der alljährlichen Konferenz zum Straßenverkehrsrecht wurde die Forderung nach einem Verbot des Punktehandels laut. Kritik wurde auch am Vorschlag zur Herabstufung von Fahrerflucht als Ordnungswidrigkeit geäußert. Stattdessen wurden alternative Vorschläge präsentiert, um angemessen mit Fällen von Fahrerflucht umzugehen. Sehen auch Sie sich mit einer Problematik im Bereich des Verkehrsrechts konfrontiert? Wir helfen umfassend und unverbindlich. Hier kostenfreie Anfrage stellen!
Vom 24. bis 26. Januar 2024 versammelten sich Experten auf dem 62. Verkehrsgerichtstag in Goslar. Dieser alljährliche Kongress zählt zu den bedeutendsten Zusammenkünften von Fachleuten im Bereich der Verkehrssicherheit. Die auf diesem Forum ausgesprochenen Empfehlungen finden oft Eingang in die Gesetzgebung. In diesem Jahr sprachen sich die Experten dafür aus, den Punktehandel strafbar zu machen, und sprachen sich gegen eine Herabstufung von Fahrerflucht auf den Status einer Ordnungswidrigkeit aus.
Es hat sich mittlerweile ein Geschäftsmodell etabliert, das es nachlässigen Fahrern ermöglicht, ihre Bußgelder und Punkte auf andere zu übertragen. Dabei meldet sich eine andere Person nach Erhalt des Bußgeldbescheids einfach bei der Polizei oder dem Ordnungsamt und gibt an, der eigentliche Fahrer gewesen zu sein. Dadurch werden die Punkte und das Bußgeld auf ihr Konto übertragen, und der ursprüngliche Fahrer bleibt unbehelligt.
Diese Dienstleistungen sind besonders für Personen attraktiv, die bereits sieben Punkte auf ihrem Konto haben und denen bei einem weiteren Punkt der Entzug der Fahrerlaubnis (nicht nur des Führerscheins) droht. Erst nach frühestens sechs Monaten können sie bei solchen Konsequenzen des regelwidrigen Fahrens die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis beantragen. In solchen Fällen kann es von Vorteil sein, die eigenen Punkte auf das Konto einer anderen Person übertragen zu lassen.
Gegenwärtig wird dieses Geschäftsmodell nach einer überwiegenden Meinung als legal angesehen. Die falsche Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 2 des Strafgesetzbuches (StGB) ist nicht anwendbar, da niemand anders einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit beschuldigt wird. Stattdessen meldet sich der Dritte selbst bei der Polizei.
Das Vortäuschen einer Straftat ist ebenfalls nicht zutreffend, da eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht als „rechtswidrige Tat“ betrachtet wird.
Obwohl das Oberlandesgericht Stuttgart einmal einen Fahrer wegen falscher Verdächtigung verurteilte, basierte dies auf der Argumentation, er habe die „Tatherrschaft“ und sei daher „mittelbarer Täter“. Diese Ansicht wurde später von einem anderen Senat desselben Gerichts und mehreren Landgerichten abgelehnt, sodass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelte.
Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) gibt außerdem an, dass der Punkthandel als Falschbeurkundung nach § 271 des Strafgesetzbuches (StGB) strafbar sei. Allerdings vertreten Staatsanwaltschaften oftmals eine andere Auffassung.
Falls ein solcher Handel aufgedeckt würde, könnte gegenwärtig nur die Verfolgung des eigentlichen Verkehrsverstoßes in Betracht kommen – meist eine Ordnungswidrigkeit. Es besteht auch die Möglichkeit einer Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs, wenn der Fahrer nicht ermittelt werden kann. Doch Achtung: Die Rechtlage ist in diesem Bereich alles andere als gesichert!
Der Verkehrsgerichtstag forderte härtere Strafen für Fahrer, einschließlich Fahrverboten, sowie Sanktionen für Unternehmen, die Punktehandel betreiben. Internetangebote dieser Art sollen verboten werden. Die Einführung einer neuen Strafnorm wird von einigen befürwortet, darunter Siegfried Brockmann von der Unfallforschung beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft und die Gewerkschaft der Polizei. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass dies den Handel nicht vollständig stoppen könne. ADAC und Deutscher Anwaltverein lehnen einen neuen Straftatbestand ab. Der Verkehrsgerichtstag plädierte außerdem für mehr Personal bei Bußgeldbehörden und eine Verlängerung der Verjährungsfrist für Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr von drei auf sechs Monate.
Bundesjustizminister Buschmann plant, das „Unerlaubte Entfernen vom Unfallort“ zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen und eine digitale Meldestelle für Schadensmeldungen einzurichten. Dies stieß beim Verkehrsgerichtstag auf Ablehnung. Die digitale Meldestelle fand Zustimmung, jedoch wurde die Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit abgelehnt. Stattdessen schlug man vor, eine angemessene Mindestwartezeit am Unfallort einzuführen, die nicht zu lang sein sollte, so der Strafrechtsprofessor Jan Zop.
Zudem wurde vorgeschlagen, dass Unfälle innerhalb von 24 Stunden straffrei gemeldet werden können. Ein weiterer Vorschlag war, bei reinen Sachschäden nicht automatisch die Fahrerlaubnis zu entziehen.
Es entfachten umfangreiche Diskussionen, begleitet von einer Vielzahl von Vorschlägen. Nun bleibt abzuwarten, wie die zuständigen Ministerien darauf reagieren und ob die vorgebrachten Vorschläge überdacht und angepasst werden. Währenddessen kann der Punktehandel weiterhin erhebliche Umsätze generieren, und Verkehrssünder haben vorerst die Möglichkeit, sich von ihren Vergehen zu entlasten, bis ein neues Gesetz in Kraft tritt.
Unsere Experten von der Kanzlei Mingers. Rechtsanwälte sind Experten auf dem Bereich des Verkehrsrechts. Kontaktieren Sie uns und stellen Sie uns hier gerne eine kostenfreie und unverbindliche Anfrage!
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