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Fast jeder vertraut blind dem Arzt. Doch auch ihre Erscheinung im weißen Kittel macht sie nicht zu Heiligen. Mediziner sind auch nur Menschen. Und Menschen machen Fehler. Was passiert, wenn es zu Behandlungsfehlern, extrem langen Wartezeiten oder zusätzlichen hohe Arztrechnungen kommt? Welche Rechte habe ich als Patient? Und was kann ich im Streitfall unternehmen? Das erfahren Sie hier bei uns.
Grundsätzlich darf ein gesetzlich Versicherter, der aufgrund von Beschwerden einen Arzt aufsucht, nicht ohne Behandlung weggeschickt werden. Doch jeder Grundsatz hat Ausnahmen. Hier sind die häufigsten 5 Gründe, warum eine Behandlung abgelehnt wird:
1. Die Praxis ist überlastet.
2. Es kommt zu Verzögerungen aufgrund von Notfallpatienten.
3. Es herrscht ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient.
4. Der Versicherte kann seine Gesundheitskarte nicht vorweisen.
5. Der Arzt hat triftige Gründe zur Ablehnung der Behandlung.
Im Notfall ist der Arzt aber dazu verpflichtet, Sie zu behandeln. Erst recht, wenn Sie bereits mehrmals seine Praxis besucht haben. Da keine Pflicht zum schriftlichen Abschluss eines Behandlungsvertrags besteht, kann bereits durch ein Gespräch über die Krankheit ein solches Vertragsverhältnis entstanden sein.
Ärgerlich, aber üblich: trotz fest vereinbarter Termine werden Patienten oft erst mit großen Verspätungen ins Arztzimmer gebeten. Auch wenn Verspätungen auf mangelnde Organisation zurückzuführen sind, müssen Sie geduldig sein und eine 30-Minütige Wartezeit in Kauf nehmen. Sollten Ihnen aber durch eine Wartezeit von über einer halben Stunde Nachteile entstanden sein, wie etwa das Versäumen eines geschäftlichen Termins, können Sie vom Arzt Schadensersatz verlangen. Sie haben aber nach 15 Minuten auch die Möglichkeit, bei der Sprechstundenhilfe anzufragen, wie lange Sie noch etwa warten müssen. Gegebenenfalls können Sie währenddessen Einkäufe oder sonstige Erledigungen besorgen.
Beachten Sie, dass nicht alle ärztlichen Behandlungskosten von der Krankenkasse übernommen werden. Die Versicherung zahlt nur dann, wenn die Maßnahmen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Für alles, was aus dem Rahmen fällt, müssen Sie selbst aufkommen. Das sind beispielsweise Vorsorgeuntersuchungen. Häufig sind diese aber überflüssig und lediglich Abzocke.
Sofern die gesetzliche Krankenversicherung nicht zahlt, ist der Arzt verpflichtet, den Patienten im Vorhinein schriftlich darüber in Kenntnis zu setzen. Bestenfalls wird ein Behandlungsvertrag vereinbart. Unser Rat an Sie: wenn Sie daran zweifeln, ob eine Arztleistung sinnvoll ist, sollten Sie nichts unterschreiben und sich erst genauer über die Behandlung informieren.
Laien sind ärztliche Fachbegriffe in der Regel fremd. Das kann für den Patienten zum Problem werden, wenn er zwischen unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten wählen muss oder über die Risiken einer Operation aufgeklärt werden soll. Der Arzt unterliegt hier einer Aufklärungspflicht, unter die auch eine umfassende und verständliche Risikoaufklärung fällt. Weil der Arzt die Beweislast dafür trägt, seiner Aufklärungspflicht nachgekommen zu sein, verlangt er oft bei gefährlichen Eingriffen, dass Sie einen Aufklärungsbogen unterschreiben. Unterschreiben Sie erst dann, wenn Sie alles verstanden haben und all Ihre Fragen beantwortet wurden.
Sie haben zudem das Recht, jederzeit Einsicht in Ihre Patientenakte zu verlangen und nach Kopien der vollständigen Unterlagen zu fragen. Zwar kann von Ihnen Kopiergeld verlangt werden, doch muss die Praxis Ihrer Bitte nachkommen. Nur in Ausnahmefällen kann dies verweigert werden.
Um in der Sprechstunde umfassend über Risiken und Behandlungsmaßnahmen aufgeklärt zu werden, können Sie selbst aktiv werden. Notieren Sie sich im Vorhinein Beschwerden, eingenommene Medikamente und Fragen, die Sie dem Arzt stellen wollen. Arbeiten Sie diese Check-Liste Punkt für Punkt gemeinsam mit dem Arzt ab. Hören Sie dem Arzt aufmerksam zu und machen Sie sich Stichpunkte, um sich später genau an die Antworten erinnern zu können. Scheuen Sie auch nicht davor zurück, noch einmal nachzufragen, wenn Sie etwas nicht verstanden haben. Schütteln Sie aus Hygiene-Gründen in der Praxis niemandem die Hand – auch nicht dem Arzt.
Stellt der Arzt eine falsche Diagnose oder unterläuft ihm ein Behandlungsfehler, die bei Ihnen einen Schaden verursacht, haben Sie Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld. Jedoch liegt bei Ihnen die Pflicht zu beweisen, dass der Arzt Sie falsch behandelt hat. Dafür sollten Sie sich an Ihre Krankenkasse wenden. Diese unterstützt Sie im Falle einer Versicherungsleistung, bei der ein Arztfehler aufgetreten ist. Die Krankenkasse lässt einen Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) prüfen, ob tatsächlich ein Behandlungsfehler vorliegt. Bei Schäden durch möglichen Ärztepfusch haben Sie außerdem die Möglichkeit, sich an die Gutachterkommissionen oder Schlichtungsstellen der zuständigen Landesärztekammer zu wenden.
Fehler können bei der Diagnose, der Beratung bzw. Aufklärung, der Dokumentation oder der Behandlung entstehen. Im Schadensfall müssen Sie präzise erklären, welche Nachteile entstanden sind und wer sie verursacht hat.
Im Schadensfall empfehlen wir als ersten Schritt ein Gespräch mit dem Arzt. Teilen Sie Ihren Verdacht mit – eventuell lassen sich Missverständnisse oder Fragen auf diese Weise direkt klären. Fordern Sie die Einsicht in Ihre Patientenakte ein. Falls der Arzt sich weigert, ist es empfehlenswert, bei der Krankenkasse nachzufragen, ob seine Gründe akzeptabel sind. Die Versicherung sowie die Unabhängige Patientenberatung (UPD) oder Selbsthilfe-Organisationen unterstützen Sie in einem Streitfall.
Beachten Sie bitte die Verjährungsfrist! Nach Ablauf von drei Jahren können Sie Ihren Schadensersatzanspruch nicht mehr geltend machen.
Wenden Sie sich bei weiteren Fragen an die Kanzlei Mingers & Kreuzer! Wir beraten Sie gerne. Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular. Weitere Rechtswege finden Sie in unserem Blog oder YouTube-Channel. Im folgenden aktuellen Video thematisiert Rechtsanwalt Markus Mingers die Frage, wann Ärzte Anspruch auf ein Ausfallhonorar haben.
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