Bild: Pazargic Liviu/ shutterstock.com
Es kracht! Sie beobachten einen Verkehrsunfall und erkennen, dass sich eine Person dabei schwer verletzt hat. Nun die Frage: was tun Sie?
a) ich leiste Erste Hilfe und rufe den Krankenwagen
b) ich schaue tatenlos zu oder filme den Unfallort und behindere somit die Notärzte
c) ich fahre einfach weiter und hoffe, dass irgendwer noch helfen wird
Auch wenn etwas überspitzt formuliert, sind das die drei möglichen Reaktionen, die auf eine derartige Notlage folgen. Dabei liegt es oft nicht zwingend an Ignoranz oder Sensationsgeilheit der Menschen, sondern daran, dass sie nicht richtig einschätzen können, wann es notwendig ist, anderen zu helfen.
Wenn Sie Angst haben einzugreifen, fragen Sie sich bitte: Was würde ich mir von meinen Mitmenschen wünschen, wenn ich in dieser Notlage wäre?
Hier erklären wir Ihnen, wann Sie per Gesetz dazu verpflichtet sind, zu helfen und welche Strafen Ihnen drohen, wenn Sie das unterlassen.
Das Hilfeleisten ist eine gesetzliche Pflicht, die in bestimmten Notsituationen greift.
Nach § 323 c StGB macht sich derjenige wegen Unterlassener Hilfeleistung strafbar, der „bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist.“ Darunter fallen Notsituationen wie Naturkatastrophen, Verkehrsunfälle – aber auch Straftaten wie Raub oder Körperverletzung.
Satz 2 desselben Paragraphen ist vielen nicht bekannt: „Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.“ In diesem Zusatz werden unter anderem Gaffer angesprochen, die eine Rettung durch professionelle Helfer behindern.
Keine Pflicht zur Hilfeleistung besteht dann, wenn die Hilfe offensichtlich nutzlos ist. Dies kann dann der Fall sein, weil zum Beispiel das Opfer die Hilfe ablehnt, andere bereits helfen oder es bereits gestorben ist.
Außerdem hängt die Pflicht zur Hilfeleistung auch davon ab, was einem Helfer zuzumuten ist und über welche Möglichkeiten und Fähigkeiten zum Helfen er oder sie verfügt. Deswegen stehen sogenannte Garanten, wie Ärzte oder Polizisten, stärker in der gesetzlichen Pflicht als andere. Diese Abgrenzung ist beispielsweise auch zwischen Schwimmern und Nicht-Schwimmern vorzunehmen.
Wichtig ist, man darf sein eigenes Leben nicht riskieren, um anderen zu helfen. Bei einer Gefahr für das eigene Leben hört die gesetzliche Pflicht zur Hilfeleistung in jedem Fall auf. Es kommt immer darauf an, was jemandem zumutbar ist, um helfen zu können.
Wer sich der Unterlassenen Hilfeleistung strafbar macht, darf mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe rechnen. Neben den strafrechtlichen drohen in besonders gravierenden Fällen auch zivilrechtliche Konsequenzen. Den Opfern stehen Schmerzensgeld und Schadensersatz von den Personen zu, die die Hilfeleistung unterlassen haben.
Bedenken Sie: in einem Prozess können unter anderem Aufzeichnungen von Überwachungskameras, die Ihre Untätigkeit gefilmt haben, Sie belasten.
Wer anderen hilft, ist von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt. Die gesetzliche Unfallversicherung springt ein, wenn sich ein Helfender bei der Hilfeleistung verletzt oder seine Sache beschädigt bzw. beschmutzt werden.
Helfer können auch dann geschützt werden, wenn sie sich bei einem Verkehrsunfall zum Beispiel wegen eines Ausweichmanövers weh getan haben, um den anderen Verkehrsteilnehmer nicht zu verletzen. Dies kann von Gerichten als „Rettungstat“ angesehen werden.
Ein letzter Tipp am Rande – bei wem die letzte Erste-Hilfe-Ausbildung schon länger her ist, sollte sich zumindest an folgende Gedächtnisstütze erinnern: halten Sie sich bei der Herzrythmusmassage im Falle einer Reanimation an das Lied Stayin‘ alive von Bee Gees.
Wenden Sie sich bei weiteren Fragen an die Kanzlei Mingers & Kreuzer! Wir beraten Sie gerne. Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular. Weitere Rechtswege finden Sie in unserem Blog oder YouTube-Channel. In diesem aktuellen Video erklärt Rechtsanwalt Markus Mingers über die Straftat der Unterlassenen Hilfeleistung.
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