Die Tage werden dunkler, kürzer und plötzlich sind Straßen vereist und verschneit – der Wintereinbruch trifft so manchen eiskalt und unerwartet. Wer nicht rechtzeitig auf Winterreifen umsteigt, kann dabei Probleme mit der Versicherung kriegen. Gibt es eine Faustformel für den Reifenwechsel, an der ich mich orientieren kann? Greift der Versicherungsschutz bei Unfällen auch, wenn ich mit Sommerreifen unterwegs bin? Wir klären auf!
Es gibt keinen gesetzlich festgelegten Zeitraum, der die Winterreifenpflicht vorsieht. Die bekannte Faustformel „von Oktober bis Ostern Winterreifen“ hat somit keine rechtliche Bedeutung.
Stattdessen hängt die Pflicht zum Reifenwechsel von den Straßenverhältnissen ab. Erläuterungen dazu stehen in der Straßenverkehrsordnung (StVO): Die Benutzung von Winterreifen bei Kraftfahrzeugen wird bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte gefordert. Für bestimmte LKW und Busse der Fahrzeugklassen M2, M3, N2 und N3 gilt die Winterreifenpflicht dann zumindest für der Antriebsachse. Wichtig ist, dass es sich bei den Winterreifen um Matsch- und Schneereifen (M+S Reifen) handelt.
Wenn Sie bei den oben genannten Straßenverhältnissen noch mit Sommerreifen fahren, riskieren Sie einen Punkt in Flensburg. Obendrein wird Ihnen abhängig vom jeweiligen Grad des Verstoßes eine Bußgeldstrafe auferlegt. Bei lediglich falscher Bereifung zahlen Sie 60€ Strafe. Bei einer Verkehrsbehinderung sind es allerdings bereits 80€, bei Gefährdung 100€ und bei einem Unfall 120€.
Will die Versicherung Ihnen bei falscher Bereifung die Leistung kürzen, muss nachgewiesen werden, dass Sie grob fahrlässig gehandelt haben. Das liegt vor, wenn die verkehrsrechtlich gebotene Sorgfalt in außergewöhnlich hohem Maße verletzt wird. Grob fahrlässig handelt somit im vorliegenden Fall jemand, der trotz offensichtlicher eisglatter oder schneebedeckter Straßen mit Sommerreifen unterwegs ist.
Erschwert wird die Nachweisbarkeit von lokalen Winterverhältnissen. Wenn sich die Temperaturen um den Gefrierpunkt bewegen, kann es tagsüber auch an nur vereinzelten Stellen zur Winterreifenpflicht kommen.
Besonders wachsam sollten Sie als Autofahrer auf Fahrbahnen sein, wo es aufgrund von wenig oder gar keinen Sonnenstrahlen zu Glätte kommen kann. Die Gefahr besteht somit auf Wegen, wo sich die Kälte hält. Dies kommt vorwiegend auf Waldstrecken vor.
Vorsichtig sollten Sie auch auf Brücken sein! Diese sind dem Wind stärker ausgesetzt und gefrieren schneller aufgrund der fehlenden Untergrundwärme. Hierbei kann es sehr glatt werden.
Im vorliegenden Fall vor dem Amtsgericht (AG) Mannheim ging es um einen Autofahrer, der um 5:40 Uhr morgens aufgrund von Glätte auf die Gegenfahrbahn kam und bei beiden PKWs einen Totalschaden anrichtete. Der Unfall ereignete sich Ende Oktober auf der Mannheimer Jungbuschbrücke, welche der Angeklagte mit Sommerreifen befuhr.
Die Haftpflichtversicherung erhob eine Regressforderung. Der Fahrer sollte sich nach Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsordnung (KfzPflVV) am Schadenausgleich in Höhe von 5000€ beteiligen, da er grob fahrlässig gehandelt habe. Eine Vollkaskoversicherung darf ihre Leistung vollständig kürzen, allerdings ist es im Falle grober Fahrlässigkeit von besonderer Bedeutung, ob im Versicherungsvertrag auf die Einrede grober Fahrlässigkeit verzichtet wurde.
Nachforschungen des AG Mannheim ergaben, dass sich die Temperaturen in den Tagen zuvor noch im zweistelligen Bereich bewegten. Die Wetterwarnung vom Vortag, die auf Glätte hinwies, wurde zurückgezogen. Die Straßen rund um den Unfallort waren zu diesem Zeitpunkt frei von Eis und Frost.
Des Weiteren konnte die Versicherung nicht die erforderlichen Beweise liefern, welche feststellen, dass sich der Unfall bei richtiger Bereifung nicht ereignet hätte. Der Regressanspruch wurde somit fallen gelassen.
Sollten Sie weitere Fragen zu dem Thema haben, wenden Sie sich an die Kanzlei Mingers & Kreuzer! Wir beraten Sie gerne. Sie erhalten eine kostenfreie telefonische Ersteinschätzung. Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular. Weitere Rechtswege finden Sie in unserem Blog oder YouTube-Channel.
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