Sie kriegen mit, wie sich ein Arbeitskollege von Ihnen an der Kasse bereichert – was tun? Muss ich den Vorfall beim Chef melden? Mache ich mich strafbar, wenn ich doch schweige? Muss ich gegebenenfalls den Schaden ersetzen? Alle Antworten finden Sie hier!
Laut dem Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern besteht grundsätzlich keine Whistleblowerpflicht. Man ist somit nicht verpflichtet, ein Fehlverhalten des Mitarbeiters dem Vorgesetzten zu melden. Es gelten hingegen abweichende Regelungen, wenn man die „Aktualisierte Überwachung- und Kontrollpflicht“ hat oder einem die Überwachung des Kollegen aufgetragen wird.
Für Arbeitgeber, die ein Whistlerblowersystem einführen wollen, empfiehlt sich eine externe Ombudstelle einzurichten. Ein Beispiel wäre ein Rechtsanwalt mit Schweigepflicht, an den sich Mitarbeiter auch anonym wenden können. Soweit es gesetzlich zulässig ist, können auch Zeugnis- und Aussageverweigerungsrechte zugesichert werden. Gegebenenfalls sollten Arbeitgeber mit Mitarbeitervertretungen deren Mitbestimmungsrechte überdenken.
Im vorliegenden Fall wurde drei Arbeitskollegen vorgeworfen, sich an einer erheblichen Summe Geld (rund 11.500€) bereichert zu haben, um es für private Zwecke zu nutzen. Es handelte sich um Amtsmitarbeiter eines Bürgerbüros, die Bargeldkassen führten, in die Bürger unter anderem bei Beantragung eines neuen Personalausweises Gebühren einzahlten. Eine „Aktualisierte Überwachung- und Kontrollpflicht“ wurde vom Landesarbeitsgerichts verneint.
Schwierigkeit hierbei: die Taten ließen sich nicht lückenlos nachweisen. Bei insgesamt 385 Einzelvorgängen, war es nicht klar, wer für welche Einzeltat von Entwendung beziehungsweise Vertuschung durch Quittungsvernichtungen oder Stornobuchungen die Verantwortung trug. Alle drei wurden vom Arbeitgeber gekündigt – die Schadensersatzfrage aber blieb.
Schadensersatz wurde vom LAG mit dem Argument befürwortet, dass die Kollegen es zumindest zugelassen haben, ohne einzugreifen oder etwas dagegen zu unternehmen. Jeder der drei musste von den Vorgängen gewusst haben.
Um den Anspruch aber geltend machen zu können, müssen die Taten bewiesen werden. Damit der Schaden vollständig erstattet wird, muss der Arbeitgeber in der Regel Vorsatz nachweisen. Dies war im vorliegenden Fall hinsichtlich der unzähligen Einzeltaten nicht möglich.
Hinzu kommt, dass kein pflichtwidriges Unterlassen durch Nichtmeldung beobachteter Geschehnisse vorlag. Die Mitarbeiter trugen keine „Aktualisierte Überwachung- und Kontrollpflicht“.
Sollten Sie weitere Fragen zu dem Thema haben, wenden Sie sich an die Kanzlei Mingers & Kreuzer! Wir beraten Sie gerne bei einem kostenfreien Erstgespräch. Sie erreichen uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular. Weitere Rechtswege finden Sie in unserem Blog oder YouTube-Channel.
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