Viele Arbeitnehmer verdienen insbesondere jetzt in der Corona-Pandemie nicht genug Geld, um sich und die Familie über Wasser zu halten. Aus diesem Grund nehmen sie neben ihrer Haupttätigkeit weitere Nebenjobs an.
Daraus können sich allerdings Konflikte ergeben: Wann muss ich dem Arbeitgeber meine Nebentätigkeiten anzeigen? Kann die Verletzung der Anzeigepflicht zum Rauswurf führen? Oder viele wichtiger noch: Was passiert, wenn ich durch das Verschweigen von Nebenjobs in Zeiten von Corona die Gesundheit meiner Kollegen gefährde?
Das Urteil des Arbeitsgericht Bielefeld hat sich mit diesen Fragen auseinandergesetzt. Mehr dazu im Folgenden!
Ein Mann klagte vor dem Arbeitsgericht Bielefeld gegen die fristlose Kündigung durch seinen Arbeitgeber. Er arbeitete in der Qualitätsprüfung eines Autoteile-Zulieferbetriebs. Um sein Einkommen aufzubessern, nahm er einen Nebenjob als Reinigungskraft einen Tag pro Woche im Schlacht- und Zerlegebetrieb Tönnies an. Seinem Arbeitgeber teilte er dies nicht mit.
Im Sommer 2020 wurde Tönnies mit mehr als 1000 positiv auf das Corona-Virus getesteten Mitarbeitern auf behördliche Anweisung geschlossen. Der Kläger hatte während seiner Arbeit im Schlachtbetrieb keine Kontakt zu den Mitarbeitern, ließ sich aber freiwillig auf das Virus testen. Der Test fiel negativ aus.
Als sein Arbeitgeber von dem Nebenjob erfuhr, sprach er die fristlose Kündigung und gleichzeitig hilfsweise die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung aus.
Der Arbeitgeber begründete die fristlose Kündigung damit, dass der Kläger seine Nebentätigkeit hätte anzeigen müssen. Dies sei im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart. Spätestens als Tönnies als Corona-Hotspot bekannt wurde, hätte er nicht mehr schweigen dürfen. Durch das Schweigen hätte er in Kauf genommen, dass sich Kollegen im Autoteile-Zulieferbetrieb anstecken. Der Mitarbeiter habe grob fahrlässig gehandelt. Damit habe er das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer derart massiv beschädigt, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sei.
Die Richter gaben hingegen dem Kläger recht. Sie sahen keinen Grund für eine fristlose Kündigung. Zwar handle es sich bei der fehlenden Mitteilung des Nebenjobs um eine Pflichtverletzung. Jedoch stelle dies keine derart schwerwiegende Verletzung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dar, dass es eine fristlose Kündigung hätte rechtfertigen können.
Auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung hielt das Gericht für unwirksam. Die dafür erforderliche Beteiligung des Betriebsrat sei nicht erfolgt.
Der Mitarbeiter habe nicht aus Rücksichtslosigkeit seine Nebentätigkeit im Corona-Hotspot-Betrieb verschwiegen. Vielmehr habe sich der Kläger aufgrund des medialen Drucks nicht getraut, sich dem Arbeitgeber zu mitzuteilen.
Der Mitarbeiter habe sich freiwillig einem Corona-Test unterzogen, der zudem negativ ausfiel. Insofern hätte im konkreten Fall eine arbeitsrechtliche Abmahnung ausgereicht. Die ordentliche Kündigung war somit unverhältnismäßig und folglich ebenfalls unwirksam.
Die Verletzung von arbeitsvertraglich festgelegten Mitteilungspflichten kann die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung nach sich ziehen – in Extremfällen sogar die fristlose Kündigung. Wie der Fall vor dem Arbeitsgericht Bielefeld zeigt, muss zuerst an eine Abmahnung gedacht werden.
Wenn ein solches Fehlverhalten zum ersten Mal vorkommt und es das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht in den Grundfesten erschüttert, dann ist die Abmahnung die einzig zulässige und verhältnismäßige Maßnahme des Arbeitgebers. Andernfalls kann die Kündigung unwirksam sein.
Bei weiteren Fragen zu diesem Thema, wenden Sie sich an die Mingers. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH! Wir beraten Sie gerne. Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular auf unserer Website.
Weitere Rechtsnews finden Sie auf unserem Blog und auch auf unserem YouTube-Channel. Wir freuen uns, wenn Sie vorbeischauen!
Melden Sie sich für den kostenfreien Newsletter an
und erhalten Sie wöchentlich Neuigkeiten aus der Welt des Rechts.
Melden Sie sich für den
kostenfreien Newsletter an
und erhalten Sie wöchentlich Neuigkeiten aus der Welt des Rechts.
© Mingers. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH | Impressum Datenschutz Karriere
[borlabs-cookie type=“btn-cookie-preference“ title=“Datenschutzeinstellungen anpassen“ element=“link“/]