Der türkische Staatspräsident Erdogan hat nun nach ersten nationalen Debatten Strafantrag wegen Beleidigung gegen Satiriker und Moderator Jan Böhmermann gestellt, so heißt es von der Staatsanwaltschaft Mainz. Was rechtlich zugrundeliegt, klären wir.
Staatspräsident Erdogan scheint keine Konsequenzen für Jan Böhmermann wegen seines satirischen Gedichtes in Deutschland zu sehen und hat nun als Privatmann Strafantrag gestellt, um Maßnahmen in Gang zu setzen.
Gegenstand des Ganzen ist das Schmähgedicht, das Böhmermann in seiner Sendung Neo Magazin Royale vom 31.März 2016 verlesen hat. Innerhalb des Vortrages erwähnte der Satiriker mehrmals, dass das Schmähgedicht illegal sei und eine Ausstrahlung dessen Folgen haben würde. Die Schmähkritik richtete sich durch beleidigende Formulierungen und polit-kritische Äußerungen gegen Erdogan selbst.
Böhmermann habe mit seinem Schmähgedicht die Differenz zwischen legaler Satire und rechtswidriger Schmähkritik darlegen wollen. Die Sendung wurde mittlerweile aus dem Archiv des ZDF verbannt — zeitgleich distanzierte man sich von Geäußertem. Man stehe dennoch hinter den Satire-Sendungen, so der ZDF-Intendant.
Der von Erdogan gestellte Strafantrag bezieht sich auf § 185 StGB. Geprüft wird der Strafantrag derzeit unter Berücksichtigung des bereits anhängigen Verfahrens gemäß § 103 StGB, der den Angriff gegen Organe und Vertreter ausländischer Staaten regelt: Darin gilt, dass Regierungsmitglieder oder Staatsoberhäupter, gleich ob in- oder ausländisch, den Schutz ihrer Ehre genießen. Böhmermann hat sich demnach des Deliktes der Beleidigung ausländischer Staatsvertreter schuldig gemacht.
Der Ruf nach Kunst- und Meinungsfreiheit wird in der Böhmermann-Debatte immer lauter. Beide gelten als die wichtigsten und stärksten Rechte, die unser Grundgesetz bietet. Satire, Kritik und Polemik auf Kosten von Staatsoberhäuptern oder Regierungsmitgliedern ist in Deutschland bspw. nichts Neues. Dennoch zieht hier keiner die Grenze zwischen reiner Satire und Schmähkritik.
Es ist zu klären, ob es sich bei Böhmermanns geistigem Erguss um bloße Satire gemäß Kunst- und Meinungsfreiheit handelt oder die Grenzen des guten Geschmacks mit Sodomie u.ä. überschritten und rechtliche Toleranz ausgereizt sind. Maßgeblich ist, ob das Gedicht überspitzt Kritik formuliert oder bewusst beleidigende Kritik an einer Person äußert.
Regierungssprecher Seibert hatte bereits verlauten lassen, dass die Causa Böhmermann sorgfältig geprüft werde. In unserem Rechtsstaat dauere dies aber dennoch ein paar Tage. Am vergangenen Freitag ließ Angela Merkel auf Wunsch der türkischen Regierung nun das Strafverfahren gegen Böhmermann zu! Ihre Äußerungen dazu blieben allerdings neutral, denn dahinter steht, dass dies ein Fall für die Justiz ist, nicht für die Politik.
Trotz der angekündigten Prüfung des Strafantrags gab Merkel dann bekannt, dass der zu prüfende Paragraf 103 StGB aus dem Strafrecht gestrichen werden soll. Doch mit der Abschaffung lässt man sich wohl noch Zeit — angekündigt ist der 1. Januar 2018. So bleibt noch Zeit für das Böhmermannsche Verfahren, wunschgemäß versteht sich!
Die SPD in NRW und andere regierungsbeteiligten SPD-Bundesländer kündigten nun an eine Initiative zur Abschaffung des besagten Paragrafen 103 zu starten. Selbst Bundesjustizminister Maas arbeite derzeitig an einer sofortigen Abschaffung. Pro Böhmermann, denn mit sofortiger Abschaffung des Paragraf 103 würde ein Verfahren gegen den Satiriker erst gar nicht stattfinden.
Mit der Abschaffung droht Böhmermann dann nur noch eine Geldstrafe — das angestrebte Strafverfahren Erdogans als Privatmann würde sich dann ebenfalls nur auf eine Geldstrafe belaufen, um seine Freiheit muss er nicht bangen.
Trotz digitaler Verbannung der Neo Royale Magazine-Folge inklusive Präsentation des Schmähgedichts sichert ZDF-Intendant Bellut mit Erteilung des Strafverfahrens seinem Haus und Hof Satiriker juristische Rückendeckung zu. Man gehe mit ihm durch alle Instanzen. — Es bleibt abzuwarten, wie es weitergeht.
Strafantrag wegen Beleidigung ist auf im Alltag kein seltener Fall — wenn Sie Fragen haben oder Beratung benötigen, sind wir gerne für Sie da! Kontaktieren Sie uns per Mail oder rufen Sie ganz einfach an!
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