Immer wieder sind es ähnlich Bilder, die durch die Medien kursieren. Viele Menschen treffen bei Demonstrationen aufeinander, viele von ihnen tragen keine Maske und Abstandsregeln missachten sie offenbar ohnehin. Ob in Stuttgart, Kassel oder Dresden – die Polizei scheint gegen Demonstrationen der Bewegung „Querdenken“ trotz der offensichtlichen Verstöße gegen die Auflagen kaum vorzugehen. Wie ist der rechtliche Hintergrund? Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Vermehrt rufen die Corona-Regelungen, die pandemiebedingten Einschränkungen und Auflagen Gegner des aktuellen politischen Kurses auf den Plan. Vorne mit dabei: Die Bewegung „Querdenken“, die sich gegen die Corona-Politik positioniert. 20.000 Demonstrierende in Kassel noch vor wenigen Wochen, obwohl nur 6.000 Personen erlaubt waren. Auch in Dresden haben im März Kundgebungen stattgefunden, die in der Art nicht genehmigt waren.
Und aktuell haben Tausende Demonstrierende in Stuttgart am Karsamstag für Schlagzeilen gesorgt. Denn trotz allgemeingültiger Corona-Auflagen wurde vermehrt gegen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung sowie die Abstandsregeln nicht eingehalten. Trotzdem griff die Polizei nicht ein. Ob und warum Demonstrationen in Zeiten des Lockdowns stattfinden dürfen, inwiefern die Polizei einschreiten darf und welche rechtlichen Hintergründe die aktuelle Situation mit sich bringt, sollen die nachfolgenden wichtigsten Fragen und Antworten rund um das Thema zeigen.
Die Frage scheint sich automatisch zu stellen, wo doch in anderen Bereichen des Alltags pandemiebedingt die eindeutigen Kontaktbeschränkungen gelten. Warum sind Demonstrationen in einer Größenordnung von mehreren Tausend Personen überhaupt erlaubt, beziehungsweise warum verbietet sie die Politik nicht?
Die Antwort darauf ist allerdings ebenso eindeutig. Das Grundgesetz sichert die Versammlungsfreiheit als festgeschriebenes Grundrecht aller. Denn die Möglichkeit, Kritik zu äußern, muss in einer Demokratie in jedem Fall bestehen bleiben. Dazu gehört ebenso die Meinungsfreiheit, die es jeder Person zusichert, Gegenmeinungen zu politischen Maßnahmen zu äußern.
Diesen Grundrechten steht jedoch die Schutzpflicht des Staates für Leben und Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger gegenüber. Daher müssen Versammlungen und Demonstrationen so gestaltet sein, dass die Teilnehmenden Schutzmaßnahmen weiterhin einhalten. Nur so sind beide Faktoren miteinander vereinbar.
Eine Demonstration in der Größenordnung, wie sie zum Beispiel erst kürzlich in Stuttgart stattgefunden hat, ohne dass dort flächendeckend die Regeln des Infektionsschutzes eingehalten wurden, birgt aus der Sicht des Infektionsgeschehens innerhalb einer Pandemie ein hohes Risiko. Weiterhin fordern also einige, Demonstrationen dieser Art in Zukunft aus eben diesem Grund zu verbieten. Denn ein Versammlungsverbot ist dann juristisch tragbar, wenn absehbar ist, dass Teilnehmende bestehende Auflagen nicht einhalten werden.
Letztendlich liegt den jeweiligen Behörden hier jedoch ein gewisser Ermessensspielraum vor. Und dieser Spielraum fällt je nach Bundesland verschieden aus. So bleibt es eine Frage der Einschätzung der jeweiligen Landesregierung, ob und in welchem Fall die Politik eine Demonstration verbieten kann oder welche Vorgaben sie in der jeweiligen Infektionsschutzverordnung festlegt.
Dass es zu Verstößen gegen die Corona-Auflagen kommen wird, dessen könne man sich vorher bewusst sein, heißt es von kritischen Stimmen oft im Nachhinein einer Demonstration. Aus der Politik selbst sind dazu verschiedene Sichtweisen zu hören. Einerseits heißt es, zu dem Zeitpunkt, wenn eine Demonstration angemeldet wird, werde von den Veranstaltern zugesichert, dass Auflagen eingehalten werden. Dementsprechend könne die Veranstaltung von Seiten der Behörden nicht verboten werden.
Aus anderer Perspektive heißt es jedoch, insbesondere die Bewegung „Querdenker“ äußere sich eindeutig gegen jegliche Vorschriften und demonstriere schließlich auch genau dagegen. Daher müsse doch von vornherein klar sein, dass bei diesen Demonstrationen kaum Auflagen eingehalten werden, schließlich stellen die Demonstrierenden genau diese in Frage. Die Gewerkschaft der Polizei fordert daher von politischer Seite, Demonstrationsanmeldungen kritischer zu prüfen – unabhängig davon, ob die Anmeldenden das Einhalten von Vorschriften zusichern.
Um zur Beantwortung dieser Frage auf das Beispiel der Demonstration in Stuttgart zurückzukommen: Nein, die Polizei habe sich hier nicht gezwungen gesehen, die Versammlung aufzulösen. Grund dafür ist, dass die Demonstration insgesamt friedlich verlaufen sei, heißt es von der Polizei im Anschluss der Demo. Demensprechend habe die Kundgebung im Rahmen der Versammlungsfreiheit gewährleistet werden müssen.
Dass Demonstrierende gegen geltende Auflagen verstoßen haben, wie zum Beispiel gegen die Masken- oder Abstandspflicht, spiele für diese Überlegung nur eine geringe Rolle. Denn ein Verstoß gegen diese Auflagen ist lediglich eine Ordnungswidrigkeit und keine Straftat.
Lediglich in Bundesländern, in denen laut Infektionsschutzgesetz strengere Regelungen für Demonstrationen festgelegt sind, steht der Polizei ein größerer Handlungsspielraum zur Verfügung.
Eindeutiger ist diese Frage dann zu beantworten, wenn es im Zuge einer Demonstration zu Gewalt kommt. Sobald eine derartige Versammlung nämlich einen gewalttätigen Verlauf nimmt, kann die Polizei dagegen vorgehen, indem sie die Demonstration auflöst.
So pauschal diese Frage klingen mag, so offensichtlich schien es in vielen Medienberichten kürzlich vermehrt darum zu gehen. Zu sehen sind dann verschiedene Vorfälle, die zur Vermutung verleiten, einzelne Personen der Polizei hin und wieder mit den Demonstrierenden der „Querdenker“-Bewegung zu sympathisieren scheinen.
Daten dazu, ob die Polizei Verstöße bei rechtsorientierten Demonstrationen eher toleriert als bei linksorientierten Gegendemonstrationen, gibt es jedoch bisher keine.
Klar muss bei einer solchen Überlegung sein, dass auch hier stets politische Überlegungen und Sicherheitsvorkehrungen eine entscheidende Rolle spielen. So wird das polizeiliche Vorgehen gegen linke Gegendemonstrationen häufig dadurch begründet, dass somit ein Aufeinandertreffen der verschiedenen Demonstrationslager vermieden wird – der Sicherheitsaspekt aller Beteiligter also im Vordergrund stehe.
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