Bild: YanLev/ shutterstock.com
Früher ließ sich leicht bestimmen, wer Mutter und Vater des Kindes sind. Die rechtliche Lage wird jedoch durch die Entwicklung der Reproduktionsmedizin unklarer. Leihmutterschaft, Samenspende, Eizellspende usw. – da stellt man sich die Frage: von wem stammt das Kind denn nun ab?
Gen-Material kann von mehreren Personen, Frauen und Männern, für ein Kind entnommen werden. Die künstlichen Befruchtungstechniken von heute gehen so weit, dass Erbkrankheiten umgangen werden können. Schon bald könnten sogenannte „Designer-Babys“ zur Welt kommen – gesund und makellos. Heutzutage ist medizinisch gesehen vieles möglich, jedoch auch hoch umstritten.
Das deutsche Recht kennt bislang nur die Sichtweise, dass ein Kind zwei Elternteile hat. Nach dem BGB ist die Mutter eines Kindes die Frau, die es geboren hat. Derjenige, der die Mutter geheiratet hat, ist der rechtliche Vater des Kindes. Rechtlicher Vater eines Kindes ist auch derjenige, der das Kind anerkannt hat oder dessen Vaterschaft von einem Gericht festgestellt wurde.
In jüngster Zeit wird diskutiert, ob die Definitionen von „Mutter“ und „Vater“ weiterhin ausreichen, um die Abstammung des Kindes zu klären. Aufgrund der Reproduktionsmedizin können an der Entstehung des Kindes viele Menschen beteiligt sein, wie Leihmütter, Eizellspenderinnen oder Samenspender.
Die Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten. Nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz ist es nicht erlaubt, Leihmütter an Wunscheltern zu vermitteln. Nach dem Embryonenschutzgesetz ist es Ärzten verboten, sich an den medizinischen Vorbereitungen für eine Leihmutterschaft zu beteiligen und Eizellen künstlich zu befruchten, um sie der Leihmutter einzusetzen.
Frauen, die ihre Eizellen spenden wollen – ganz gleich aus welchen Gründen -, können das ebenfalls nicht in Deutschland tun.
Männern hingegen dürfen die Samenspende vornehmen und damit Geld verdienen, indem sie sie an eine Samenbank verkaufen.
Die künstliche Befruchtung ungewollt kinderloser oder unverheirateter Paare ist erlaubt, diese finanzieren die gesetzlichen Krankenkassen in gewissem Umfang mit. Voraussetzung hierfür ist, dass Samen oder Eizelle des jeweiligen Partners verwendet wird.
Die Entwicklung der Reprduktionsmedizin überflügelt unser aktuelles Rechtssystem. Unser traditionelles Bild von Familie und Abstammung muss dem 21. Jahrhundert angepasst werden. Heutzutage wachsen Kinder in Pflegefamilien, Adoptiv-Familien, Regenbogenfamilien oder Patchwork-Familien auf, in denen Paare mit eigenem Nachwuchs und Stiefkindern zusammenleben. Statt nur eines Vaters und einer Mutter haben Kinder oft viele Bezugspersonen – man spricht auch von sozialer Elternschaft.
Diese unsicheren Abstammungsverhältnisse spiegeln sich jedoch nicht im deutschen Recht wieder. Beispielsweise haben Stiefeltern keine Chance, das Sorgerecht für ihr Stiefkind zu bekommen. Das Sorgerecht steht allein den leiblichen Elternteilen zu – Stiefeltern haben lediglich ein symbolisches Sorgerecht für das Kind.
Das Stiefkind hat keinerlei Rechte gegenüber dem Stiefelternteil. Ihnen steht kein Anspruch auf einen gesetzlichen Erbteil zu.
Soziale oder biologische Geflechte werden vom deutschen Recht außer Acht gelassen. Familienrechtsexperten fordern eine Reformation des Abstammungs- und Kindschaftsrecht, welche von der Bundespolitik nun anerkannt und erarbeitet wird.
Bis zur Reform müssen Gerichte weiterhin den gesetzlich unklaren Status von Familien klären, deren Kinder von Leihmüttern im Ausland ausgetragen wurden. Leihmütter werden in Deutschland bestraft, Wunscheltern aber nicht. Diese können eine Frau im Ausland damit beauftragen, für sie ein Kind auszutragen.
Das Problem der Leihmutterschaft liegt hier: die Wunschmutter ist gleichzeitig die genetische Mutter des Kindes, weil es aus einer ihrer Eizellen entstand. Jedoch hat sie das Kind nicht zur Welt gebracht, was sie nach deutschen Recht nicht zur rechtlichen Mutter macht. Je nach dem, ob der Wunschvater die Vaterschaft gerichtlich feststellen kann, gilt dasselbe für ihn.
Ohne rechtliche Elternschaft können die Eltern aber nicht mit dem Kind nach Deutschland einreisen. Das Kind erhält keinen Reisepass und kann nicht deutscher Staatsangehöriger werden.
Die Rechtsprechung jedoch lässt Wunscheltern hoffen! Einem Urteil des BGH von 2014 geht hervor, dass die Entscheidung eines ausländischen Gerichts, welches deutschen Eltern die rechtliche Elternschaft für ein Kind zubilligt, auch in Deutschland gelten kann. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Wunschelternteil mit dem Kind genetisch verwandt ist.
Wenden Sie sich bei weiteren Fragen an die Kanzlei Mingers & Kreuzer! Wir beraten Sie gerne. Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular. Weitere Rechtswege finden Sie in unserem Blog oder YouTube-Channel. In diesem aktuellen Video spricht Rechtsanwalt Markus Mingers über die Unterhaltspflicht der Väter.
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