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Kurzarbeit kann viele unvorbereitet treffen. Sie folgt auf ein „unabwendbares Ereignis“, wie etwa Hochwasser, oder sie trifft nach einer Verringerung der betriebsüblichen Arbeitszeit wegen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, wie z.B. Auftragsmangel, ein. Doch was sollte man als Betroffener darüber wissen und hat es vielleicht sogar Vorteile? Wir klären Sie auf!
Während der Kurzarbeit fällt theoretisch gesehen Lohn aufgrund Arbeitszeitverkürzung weg. Im Falle der Kurzarbeit Null arbeitet der Betroffene sogar überhaupt nicht. Um diesen Lohnausfall jedoch zu verhindern, zahlt die Arbeitsagentur das sogenannte Kurzarbeitergeld. Das heißt, dass der Arbeitnehmer nach § 105 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) 60 Prozent seines üblichen Nettogehalts erhält. Wenn der Arbeitnehmer jedoch unterhaltspflichtige Kinder hat, erhält er sogar 67 Prozent seines Nettogehalts. Kurzarbeitergeld wird wie das Arbeitslosengeld I berechnet und wird über den Zeitraum der Kurzarbeit gezahlt. Dabei wird die Differenz zwischen dem Ist-Entgelt und dem Soll-Entgelt von der Arbeitsagentur ausgeglichen. Der maximale Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer das Kurzarbeitergeld erhält, beträgt bis zu zwölf Monaten. Dauert die Kurzarbeit länger fällt das Kurzarbeitergeld weg. Hinzu kommt jedoch, dass das Einkommen nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung abgesichert ist. Die Grenze liegt nach dem Stand von 2016 bei 6.200 Euro brutto. Verdient ein Arbeitnehmer mehr, gibt es dafür also kein Kurzarbeitergeld!
Da das Kurzarbeitergeld eine Nettozahlung ist, werden davon keine Sozialabgaben oder Lohnsteuern abgezogen. Jedoch zählt man den Erhalt vom Kurzarbeitergeld bei der Errechnung des zu versteuernden Gesamteinkommens dazu!
Der Nettolohnverlust von 40 bzw. 33 Prozent muss der Arbeitnehmer nur dann hinnehmen, wenn Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge den Verlust nicht abmildern. Die Regelungen sehen dann meist vor, dass der Arbeitgeber einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld gewährt, sodass der Lohnverlust meist nur noch 10 bzw. 20 Prozent beträgt! Dabei handelt es sich jedoch um einen Nettozuschuss und keinen Bruttolohnanspruch.
Vorab gesagt muss der Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld selbst beantragen. Der Arbeitnehmer kann Kurzarbeit nicht selbst anordnen! Der Arbeitgeber muss bei der Beantragung die Ursachen für die Kurzarbeit angeben. Zudem darf der Arbeitsausfall nur vorübergehend sein. Die Arbeitsagentur möchte außerdem noch wissen, wie vielen Angestellten Kurzarbeitergeld gezahlt wurde. Erst dann erstattet die Arbeitsagentur das gezahlte Kurzarbeitergeld. Unter die Aufgaben des Arbeitgebers fällt außerdem noch die Berechnung des Kurzarbeitergeldes und die Auszahlung der Lohnersatzleistung an die Arbeitnehmer!
Gemäß § 95 SGB III gewährt die Arbeitsagentur nur unter bestimmten Voraussetzungen Kurzarbeitergeld!
Das ist der Fall, wenn der Arbeitsausfall auf unabwendbaren Ereignisse oder wirtschaftlichen Gründen beruht. Wenn der Arbeitsausfall saisonal bedingt ist oder in dieser Branche üblich, zahlt die Arbeitsagentur kein Kurzarbeitergeld!
Außerdem muss der Ausfall vorübergehend sein und nicht darin begründet sein, dass die Schließung der Firma und die Entlassung der Belegschaft bevorsteht. In diesem Fall erhält der Arbeitnehmer jedoch das Transferkurzarbeitergeld. Das heißt, dass nach § 111 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 SGB III bei größeren Entlassungswellen und Betriebsschließungen dieses Kurzarbeitergeld gezahlt wird. S dient der Eingliederung der Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt.
Hinzu kommt, dass der Abbau von Überstunden, die Auflösung von Arbeitszeitguthaben und vorgezogener Urlaub bereits erfolgt sein müsste. Der Arbeitsausfall muss also unvermeidbar sein, damit die Arbeitsagentur das Kurzarbeitergeld erstattet.
Von dem Arbeitsausfall müssen zudem nicht alle Arbeitnehmer betroffen sein. Es reicht aus, wenn mindestens ein Drittel der Angestellten mit einem Lohn- und Arbeitsausfall von mindestens 10 Prozent rechnen müssten. Die restliche Belegschaft könnte dann ohne Arbeitszeitverringerung weiterarbeiten!
Schlussendlich müssen die Arbeitnehmer auch sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten ausüben. Minijobber erhalten also kein Kurzarbeitergeld!
Durch eine eingeführte Kurzarbeit kann der Arbeitnehmer viele Kosten sparen, die durch Entlassungen auftreten können. Neben dem Verlust von guten Mitarbeitern, die bereits eingearbeitet sind, muss der Arbeitgeber mit Arbeitsausfällen während der Kündigungsfrist rechnen. Das Auffangen der krankheits- und motivationsbedingten Arbeitsausfällen kostet den Arbeitgeber viel Geld. Zudem muss er meistens noch Abfindungen zahlen, die ihm ebenfalls auf der Tasche liegen. Auch das erneute Anwerben von Arbeitnehmern nach der Flaute und das neu Einarbeiten von Angestellten kostet nicht nur Zeit sondern auch Geld!
Hinzu kommt noch, dass der Arbeitgeber während der Kurzarbeit keinen Lohn an seine Mitarbeiter zahlt, da diese Kurzarbeitergeld von der Arbeitsagentur erhalten.
Jedoch muss der Arbeitgeber nach § 232a Abs.3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 57 Abs.1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und nach § 163 Abs.6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) für den theoretisch zu zahlenden Lohn Sozialabgaben an die Krankenkassen zahlen. Außerdem muss er auf 80 Prozent des nicht gezahlten Lohns Beiträge zur Pflege-, Renten- und Krankenversicherung zu zahlen. Die Kosten hat der Arbeitgeber eigenständig zu tragen!
Arbeitgeber sparen jedoch trotz allem durch die Einführung der Kurzarbeit, da er unterm Strich keine Nettolöhne an die Angestellten in Kurzarbeit zahlt und deren Lohnnebenkosten geringer sind.
Der Arbeitnehmer hat als hauptsächlichen Vorteil, dass ihm sein Arbeitsplatz erhalten bleibt! Die Verluste durch das Kurzarbeitergeld sind nämlich höchstens genauso hoch wie im Falle des Arbeitsplatzverlustes durch den Bezug von Arbeitslosengeld I.
Jedoch kann es für Arbeitnehmer, die ein eigentliches Einkommen haben, das über der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung liegt, also die mehr als 6.200 Euro brutto verdienen, eher ein Nachteil sein. Da ihr Verlust höher als die eigentlichen 40 Prozent ist, ist es sinnvoller für sie sich eine neue Stelle zu suchen.
Hinzu kommt noch die eventuelle Zahlung einer Abfindung. Arbeitnehmer sollten dann in Betracht ziehen, ob die Abfindung plus das Arbeitslosengeld I nicht attraktiver ist als der Arbeitsplatzerhalt unter Gehaltverlust.
Gemäß § 11 Abs.1 Satz1 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) berechnet man die Urlaubsvergütung nach dem durchschnittlichen Lohn der letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt. Für Arbeitnehmer in Kurzarbeit ist jedoch der § 1 Abs.1 Satz3 BurlG interessant. Denn nach diesem Paragraphen sind Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum aufgrund von Kurzarbeit eintraten irrelevant für die Berechnung des Urlaubsentgelts.
Für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist der § 4 Abs.3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) von Belangen. Danach heißt es nämlich, dass die Verkürzte Arbeitszeit während der Kurzarbeit als eigentliche Arbeitszeit anzusehen ist. Somit dient das Kurzarbeitergeld als Grundlage zur Errechnung der Entgeltfortzahlung. Dazu erhält man jedoch weiterhin das Kurzarbeitergeld!
Wenn nach Ablauf des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit weiterhin besteht, erhält der Erkrankte Krankengeld von der Krankenkasse. Das Krankengeld berechnet man gemäß § 47b Abs3 SGB V auf Grundlage des Regelentgelts.
Wie diverse Arbeitsgerichte jedoch zeigen, sind Angestellte, die sich in Kurzarbeit befinden, vor betriebsbedingten Kündigungen nicht sicher. Jedoch können Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt sind und somit unter Kündigungsschutz stehen, aufatmen. Denn nach § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) muss die Kündigung verhältnismäßig sein. Es darf also kein milderes Mittel als der Kündigung für den Arbeitgeber geben.
Jedoch besagt § 98 Abs.1 Nr.2 SGB III dass während der Kündigungsfrist kein Anspruch mehr auf Kurzarbeitergeld besteht. Dies liegt daran, dass der Arbeitnehmer die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld nicht mehr erfüllt.
Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs.1 Nr.3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Mitspracherecht. Das betrifft auch die Kurzarbeit. Somit darf Der Arbeitgeber keine Kurzarbeit anordnen, wenn der Betriebsrat nicht einverstanden ist! Um die Kurzarbeit trotzdem durchzusetzen, müsste der Arbeitgeber die Einigungsstelle kontaktieren (§ 87 Abs.2 BetrVG). Die Einigungsstelle entscheidet dann ob eine Kurzarbeit eingeführt wird oder nicht.
Falls die betroffenen Arbeitnehmer jedoch mit einer Kurzarbeit nicht einverstanden sind, der Arbeitgeber und der Betriebsrat aber schon, können sie über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden.
Die Betriebsvereinbarungen müssen jedoch den Beginn und die Dauer der Kurzarbeit genau festlegen. Genauso muss die Lage und Verteilung der verringerten Arbeitszeit und die betroffenen Arbeitnehmer festgelegt werden, wenn eine Kurzarbeit eingeführt werden soll.
Wenn Sie weitere Fragen zu diesem oder weitere Themen haben, können Sie sich gerne an uns wenden. Wir, das Team der Kanzlei Mingers & Kreuzer, helfen Ihnen gerne weiter und beraten Sie individuell zu Ihrem Fall! Telefonisch sind wir unter 02461 / 8081 erreichbar und bieten Ihnen außerdem eine kostenlose Erstberatung an!
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