Bild: Ekaterina Pokrovsky/ shutterstock.com
Aufgrund von Warnstreiks der Gewerkschaft Verdi kommt es am Dienstag an den deutschen Flughäfen Köln/Bonn, München, Frankfurt am Main und Bremen zu Beeinträchtigungen des Flugverkehrs. Erhebliche Verzögerungen und Flugausfälle waren die Folge. Die Lufthansa streicht mehr als 800 Flüge – damit sind rund 90.000 Passagiere betroffen. Wozu sind die Fluggesellschaften verpflichtet? Können betroffene Passagiere eine Entschädigung verlangen?
Die Fluggastrechte-Verordnung gibt Passagieren ein Recht auf eine Ausgleichsleistung in Form einer pauschalen Entschädigung. Die Höhe der Ausgleichsleistung ist abhängig von der Flugstrecke und der Dauer der Verspätung bzw. der Bereitstellung eines Ersatzfluges.
Es galt allerdings für längere Zeit umstritten, ob die Entschädigung auch bei streikbedingten Flugausfällen gilt, da sich die Flugunternehmen hier auf eine höhere Gewalt beriefen. Damit wurde ein Anspruch in Situationen ausgeschlossen, auf die die betroffenen Fluggesellschaften keinen Einfluss haben. Erst im Jahr 2012 stellt der BGH (Bundesgerichtshof) klar, dass Streiks zwar eine höhere Gewalt darstellen, die Flugunternehmen aber dazu verpflichtet sind, alles zu tun, um den Transport der Passagiere so gut wie möglich aufrecht zu erhalten. Andernfalls könne der Fluggast von seinem Recht auf Ausgleichsleistung Gebrauch machen.
Sollte eine Fluggesellschaft spätere Flüge aufgrund des Streiks umorganisieren, kann auch hier eine Entschädigung fällig sein. Dies geht einem Urteil des EuGH (Europäischen Gerichtshofs) hervor. Eine Umorganisation zulasten von späteren Passagieren kann unter Umständen sogar unzulässig sein.
Die Fluglinie hat eine Ersatzbeförderung anzubieten – wenn nötig auch mit Bus und Bahn. Flugreisende haben die Möglichkeit, ihr Flugticket in ein Bahnticket umzubuchen. Sollte dies zeitlich nicht möglich sein, ist die Fluglinie zur Erstattung des Kaufpreises des Bahntickets verpflichtet. Hierbei wird Ihnen als Fluggast die Wahl gelassen, Ersatztransport oder Umbuchung in Anspruch zu nehmen.
Zudem müssen Flugunternehmen bei Warnstreiks, die mehr als nur ein paar Stunden dauern, einen Sonderflugplan aufstellen, um die Flugausfällen so gut wie möglich zu kompensieren. Die Anzahl ausfallender Flüge ist auf das Mindeste und Unvermeidbare zu reduzieren. Nach Streikende ist möglichst schnell zum Normalbetrieb zurück zu kehren.
Damit noch nicht genug! Die Fluggastrechte-Verordnung schreibt den Fluggesellschaften des Weiteren eine Betreuungspflicht der Passagiere vor. Sie hat sich um die festsitzenden Fluggäste zu kümmern – eine Verantwortung für die Flugausfälle ist hier irrelevant. Eine Betreuungspflicht besteht ansonsten auch bei Naturkatastrophen.
Zu den Betreuungsleistungen zählen:
1. die Versorgung mit Essen und Trinken während der Wartezeit
2. eine Hotelunterbringung (sollte sich der Zwangsaufenthalt über mehrere Tage erstrecken)
3. die Beförderung zwischen Flughafen und Hotel im Falle einer Hotelunterbringung
4. das Führen von zwei kostenlosen Telefonaten bzw. das Versenden von zwei kostenlosen Telefaxe oder E-mails
Die Betreuungspflicht besteht erst ab einer Verspätung von mindestens zwei Stunden bei einer Flugstrecke unter 1500 km, von mindestens drei Stunden für eine weitere Strecke innerhalb der EU oder von höchstens 3500 km sowie mindestens vier Stunden bei Flugstrecken außerhalb der EU oder mehr als 3500 km. Kommt die Fluggesellschaft einer Betreuung nicht nach, muss die Fluggesellschaft Passagieren die notwendigen Kosten einer Selbstversorgung ersetzen.
Bei weitere Fragen zu diesem Thema haben wenden Sie sich an die Kanzlei Mingers & Kreuzer! Wir beraten Sie gerne. Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular. Weitere Rechtswege finden Sie in unserem Blog oder YouTube-Channel. Dieses Video könnte Sie thematisch ebenfalls interessieren.
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