Die Coronaschutz-Impfung ist allgemein derzeit ein sensibles Thema, doch schwieriger könnte es dann noch werden, wenn andere über das Ja oder Nein der Impfung für eine Drittperson entscheiden müssen: nämlich Eltern für ihre Kinder. Wer rechtlich die letzte Entscheidung trifft und in welchem Fall sich Minderjährige auch ohne das Einverständnis ihrer Eltern impfen lassen können, erfahren Sie hier.
Zur Ergründung der rechtlichen Grundlage dient zunächst Artikel 1 des Grundgesetzes zur Menschenwürde sowie Artikel 2 zur körperlichen Integrität. Damit geht in Bezug auf die Impfung von Minderjährigen die Einsichts- und Einwilligungsfähigkeit einher. „Eine wirksame Einwilligung setzt [daher] voraus, dass der Patient Wesen, Bedeutung und Tragweite des ärztlichen Eingriffs, insbesondere den Grad der Gefährlichkeit in seinen Grundzügen erkannt hat“, so definiert es der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 1958.
Nach Alter gestaffelt wird in der juristischen Literatur zwischen drei verschiedenen Gruppen unterschieden:
Dabei gilt: Über die Fähigkeit zur Einwilligung muss der jeweilige Impfarzt entscheiden. Ausschlaggebende Zeichen für die Einwilligungsfähigkeit können zum Beispiel sein, ob die minderjährige Person im Gespräch nicht überfordert wird, gegebenenfalls Rückfragen stellt und zu bemerken ist, dass sich der Jugendliche mit dem Thema Impfung auseinandergesetzt hat. So oder so ist es im Endeffekt immer eine Einzelfallentscheidung.
Sollte sich der junge Patient klar gegen die Impfung äußern, obwohl sich die Eltern dafür entscheiden, ist der Arzt angeraten, trotzdem keine Impfung durchzuführen. Denn so könnte sich der impfende Arzt im Nachhinein der Körperverletzung verantworten müssen, sollte gerichtlich doch die Einwilligungsfähigkeit der minderjährigen Person festgestellt werden.
Im Sinne des § 1628 Satz 1 BGB ist die Frage nach dem Ja oder Nein der Impfung für ein Kind eine Regelung von erheblicher Bedeutung. Auf Antrag kann also ein Familiengericht die Entscheidung einem Elternteil übertragen.
Als Beispielfall kann dafür ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 8. März dieses Jahres gelten (Az. 6 UF 3/21). In diesem Fall waren sich die Eltern uneinig darüber, ob ihr Kind die Impfung bekommen soll oder eben nicht. Im Zuge dessen stand die zentrale Frage im Raum, ob der Arzt sich nach der Empfehlung der Ständigen Impfkommission richten kann oder ob es eine zusätzliche Impffähigkeitsprüfung braucht. Letztendlich entschieden die Richter, dass derjenige Elternteil über die Impfung für das Kind entscheiden darf, der der Stiko-Empfehlung zustimmt.
Als ausschlaggebendes Maß wird, wie bereits erwähnt, häufig die Stiko-Empfehlung als handlungsweisend gesehen. Derzeit gilt dementsprechend: Die Impfung sollte erfolgen für Kinder und Jugendliche:
Doch kann innerhalb der besonderen Situation der Pandemie auch dem individuellen Wunsch einzelner Kinder und Jugendlicher nach einer Impfung nachgekommen werden, auch wenn diese nicht unter die Empfehlungen der Stiko fallen. Nach ärztlicher Aufklärung und bei individuellem Wunsch und Risikoakzeptanz sowie der Einwilligungsfähigkeit, sollte auch in diesen Fällen eine Impfung möglich sein.
Sollte es nach der Impfung zu Komplikationen kommen, die EMA-Zulassung aber bereits erfolgt sein, liegt die Haftung beim Hersteller. Trotzdem ist auch der impfende Arzt immer zuständig für die Aufklärung seiner Patienten über die Eignung des Impfstoffes, mögliche Risiken sowie den Nutzen.
Wird eine Impfung offiziell von einem Land empfohlen, kann bei möglichen Impfschäden sogar die sogenannte Staatshaftung vorliegen, durch die entsprechende Entschädigungsansprüche greifen. Zugrunde liegt in diesem Fall in der Regel die Stiko-Empfehlung, es greift dann das soziale Entschädigungsrecht.
Sollten Sie zu diesem oder zu weiteren Themen noch weitere Fragen haben, zögern Sie nicht und wenden Sie sich an die Kanzlei Mingers. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Wir beraten Sie gerne! Unsere Kontaktdaten finden Sie auf unserer Website.
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