Alle Eltern kennen das: man freut sich seit Tagen darauf, am Freitag Abend auszugehen – und dann sagt der Babysitter ab. Für Ersatz kann nicht mehr rechtzeitig gesorgt werden. Und dann steht man vor der Frage: Sag ich den Abend ab oder lass ich mein Kind allein? Darf ich das überhaupt und wenn ja, für wie lange?
Die Pflicht der Eltern, das Kind zu pflegen, zu erziehen und zu beaufsichtigen, findet sich in § 1631 BGB. Die Aufsichtspflicht dient dem Schutz des Kindes vor einem Schaden, den es sich selbst, Dritte ihm oder den das Kind anderen Menschen zufügen könnte.
Gleichzeitig gibt das Gesetz Kindern und Jugendlichen das Recht, sich selbstständig zu entwickeln. Die Eltern müssen nach § 1626 BGB das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbstständigem verantwortungsbewusstem Handeln berücksichtigen.
In der Erziehung geben sich somit die Fürsorgepflicht der Eltern und das Recht des Kindes auf eine eigenständige Entwicklung seiner Persönlichkeit die Waage. Das Alleinlassen von Kindern stellt damit eine rechtliche Grauzone dar. Es gibt keine klare gesetzliche Vorschrift darüber, ob und wie lange Eltern Kinder allein lassen dürfen – sie müssen zumindest nicht unter permanenter elterlicher Obhut stehen.
Die Aufsichtspflicht ist nicht unmittelbar verletzt, wenn das Kind nicht zur Schule oder dem Spielplatz begleitet wird. Jedoch sollten Eltern gewisse Regeln beachten, die sich einerseits aus pädagogischen Grundsätzen, andererseits aus der Rechtsprechung und richterlichen Entscheidungen ableiten. Einem Urteil des Bundesgerichtshofs geht ein wichtiger Grundsatz hervor: je jünger und unvernünftiger ein Kind ist, desto mehr sollten und müssen Eltern es beaufsichtigen.
Kinder von bis zu drei Jahren dürfen von ihren Eltern nicht alleine gelassen werden. Ein vierjähriges Kind kann rund zehn Minuten allein sein, wobei sich die Eltern nicht komplett vom Kind entfernen sollten. Grundschulkinder können ihren Eltern bereits etwas länger fernbleiben. Ältere Kinder können, soweit die Eltern es ihnen zutrauen, sogar einmal über Nacht allein zu Hause sein.
Für Jugendliche ab 14 Jahren gibt es diesbezüglich keine Beschränkung.
Wenn Sie das Haus verlassen, sollten Sie Ihrem Kind eindringlich verdeutlichen, die Tür nicht zu öffnen, wenn jemand klingelt. Anschließend klären Sie, wann Sie wieder zu Hause sein werden und wie es Sie telefonisch erreichen kann. Schließen Sie jegliche Gefahrenquellen aus!
Laut BGH-Urteil sollten Sie neben des Alters des Kindes auch seine Reife und Persönlichkeit berücksichtigen. Wichtig ist, Voraussehbarkeit schädigenden Verhaltens zu entwickeln. Sie benötigen ein gewisses Feingefühl, um die Grenzen individuell an das Kind anzupassen. Ein Kind, das häufig Dinge kaputt macht und dazu neigt, sich unvorsichtig oder unangemessen zu verhalten, sollten Eltern lieber nicht unbeobachtet lassen.
Wenn für den Babysitter nicht mehr rechtzeitig gesorgt werden kann, denken Eltern des Öfteren an die Alternative, ältere Geschwister auf das Kind aufpassen zu lassen. Bei älteren Kindern, die einen großen Altersabstand zueinander haben, ist das in der Regel kein Problem. Bei gleichaltrigen Kindern sollten man das allerdings aus verschiedenen Gründen unterlassen – unter anderem lassen sie sich zu leicht voneinander beeinflussen.
Was das Spielen im Garten betrifft, bemisst der Bundesgerichtshof die Aufsichtspflicht der Eltern erneut am Alter des Kindes. Kinder müssen ab dem vierten Lebensjahr immer wieder beobachtet werden. Bei Vorschulkindern sollten Eltern alle 15 bis 30 Minuten nachsehen, womit sich ihr Kind zurzeit beschäftigt und wenn nötig eingreifen. Ältere Kinder von sieben oder acht Jahren müssen Eltern nicht in derart kurzen und regelmäßigen Abständen kontrollieren.
Nach § 823 BGB müssen Eltern dann für einen Schaden aufkommen, den ihr Kind verursacht hat, wenn sie es nicht genug beaufsichtigt haben. Eltern haften somit nicht, wenn sie ihre Aufsichtspflicht erfüllt haben.
Kinder von bis zu sieben Jahren haften grundsätzlich nicht. Wer noch nicht das 18. Lebensjahr erreicht hat, ist für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.
Wenden Sie sich bei weiteren Fragen an die Kanzlei Mingers & Kreuzer! Wir beraten Sie gerne. Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular. Weitere Rechtswege finden Sie in unserem Blog oder YouTube-Channel. Dieses Video zum Jugendschutzgesetz könnte Sie thematisch ebenfalls interessieren.
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