Der jährliche Urlaubsanspruch wird Millionen Arbeitnehmern hierzulande am Herz liegen, die Anzahl der Urlaubstage ist eindeutig über den bestehenden Arbeitsvertrag festgelegt. Was geschieht jedoch, wenn das Arbeitsverhältnis nicht dauerhaft besteht und Lücken im Laufe einer regulären Anstellung entstehen? Das Bundesarbeitsgericht hat sich in einem aktuellen Urteilsspruch (AZ: 9 AZR 224/149) hiermit befasst und gibt eine differenzierte Antwort auf diese Frage.
Grundsätzliche Regelungen zum jährlichen Urlaubsanspruch
Ohne den aktuellen Urteilsspruch des BAG werden viele Fragen zum zustehenden Jahresurlaub eindeutig über das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Für eine reguläre Anstellung mit fünf Werktagen
pro Woche beträgt der Mindestanspruch an Urlaub pro Jahr 20 Werktage, bei einem sechsten Wochenarbeitstag findet eine Ausdehnung auf 24 Werktage statt. Nach §4 des Gesetzes entsteht der volle Anspruch auf Jahresurlaub erst nach einer Probephase von sechs Monaten, in dieser muss jedoch nicht gänzlich auf Urlaubstage verzichtet werden.
Für Urlaub in den ersten sechs Monaten eines neuen Arbeitsverhältnisses wird die Tageszahl des regulär zustehenden Jahresurlaubs gezwölftelt, pro Monat der Beschäftigung wird ein solches Zwölftel als Anspruch erworben. Bei einer 6-Tage-Woche mit einem jährlichen Anspruch auf 24 Urlaubstage werden demnach pro Monat zwei Urlaubstage erworben.
Besonderheit bei Wechsel des Arbeitsplatzes
Um als Arbeitnehmer nicht während eines Kalenderjahres den Arbeitgeber zu wechseln und bei beiden den Anspruch auf einen vollen Jahresurlaub durchzusetzen, kann der Arbeitgeber auch nach der Erfüllung der oben genannten Wartezeit zwölfteln. Üblich ist diese Berechnungsmethode für Urlaubstage, wenn die Anstellung beim ersten Arbeitgeber in der ersten Jahreshälfte endet. Befindet sich der letzte Arbeitstag im zweiten Halbjahr, ist dem betroffenen Arbeitnehmer der volle Jahresurlaub zu gewähren. Bei der anschließenden Neuanstellung tritt für gewöhnlich eine neue Wartezeit und somit die obligatorische Zwölftel-Regelung in Kraft.
Reicht ein Tag der Unterbrechung aus?
Das BAG befasste sich beim konkreten Sachverhalt mit einem Extremfall. Der Arbeitsvertrag des betroffenen Arbeitnehmers endete am 30. Juni 2012, wenige Tage vor diesem Datum unterschied er beim gleichen Unternehmen einen neuen Vertrag für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses. Da der 1. Juli ein Sonntag war, trat der neue Arbeitsvertrag offiziell am 2. Juli in Kraft, so dass das bereits seit drei Jahren bestehende Arbeitsverhältnis um einen Tag unterbrochen war. Für den Arbeitgeber war hierdurch die Grundlage zur Anrechnung einer neuen Wartezeit gegeben, während der Kläger die Voraussetzung erfüllt sah, seinen regulären Jahresurlaub komplett beanspruchen zu können.
Urteil des BAGs im Sinne des Klägers
Da das Arbeitsverhältnis zwischen beiden Seiten zum Zeitpunkt der Klage nicht mehr bestand, strebte der frühere Arbeitnehmer eine Abgeltung der ihm nach seiner Auslegung verwehrten Urlaubstage an. Das Bundesarbeitsgericht gab ihm hierbei Recht. Nach dem Urteilsspruch haben Arbeitnehmer einen vollen Anspruch auf ihren Jahresurlaub ohne Kürzungen, sofern das Arbeitsverhältnis nach einer kurzen Unterbrechung beim gleichen Arbeitgeber fortgesetzt wird. Auch der Umstand, dass der neue Arbeitsvertrag vom Kläger wenige Tage vor dem Auslaufen seines alten Vertrags unterschrieben wurde, berücksichtigte das Gericht. Das Urteil umfasst demnach auch Fälle, bei denen sich die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses abzeichnet. Falls Sie sich in einer solchen arbeitsrechtlichen Situation befinden und keine Urlaubstage einbüßen möchten, empfehlen wir unsere Beratung ebenso wie die Sichtung Ihrer Unterlagen!
Interessantes zum Thema Arbeitsrecht finden Sie auch in unserem verwandten Rechtsgebiet.