Für viele war es die Meldung, die das frische Jahr 2016 mit Negativem überschattete: Sexuelle Übergriffe auf Frauen am Kölner Hauptbahnhof. Hier hatten anscheinend organisierte Gruppen von rund 200 Männern junge Frauen umzingelt, beleidigt, teils bestohlen und in häufigen Fällen auch sexuell belästigt. Die Polizei soll ersten Berichten zufolge machtlos gegenüber eine so großen Vielzahl von Kollektiven gewesen sein — sogar Polizistinnen wurden in dieser Nacht Opfer sexueller Angriffe. Mittlerweile kommen immer mehr Details ans Tageslicht, die Presse veröffentlichte bis jetzt Stellungnahmen von Beteiligten, die versuchten Frauen zu schützen und selbst originale Polizeiberichte der Tatzeit.
Presse und Politik verurteilten die Ereignisse der Silvesternacht scharf. Was ist aber nun der rechtliche Hintergrund, der bei den Ermittlungen eine Rolle spielt, das klären wir im Folgenden:
Sexuelle Belästigung ist nicht sexuelle Nötigung
Köln ist nicht die einzige Großstadt, die sich die Frage gefallen lassen muss, wieso nicht eingeschritten wurde. Auch in der Hansestadt oder Stuttgart kam es zu Übergriffen auf Frauen. Bislang gingen allein bei der Polizei Köln über 100 Strafanzeigen ein, die Belästigungen und größtenteils sexuelle Hintergründe schildern.
De jure werden die strafrechtlichen Ermittlungen in mehrere Richtungen ausgeführt. Wir sprechen rechtlich hier gemäß § 177, 185 und § 240 StGB von Sexueller Nötigung / Vergewaltigung, Beleidigung sowie Nötigung. Des Weiteren nach § 242 und 249 StGB von Diebstahl und Raub.
Was ist eine sexuelle Belästigung, was grenzt sie ab von sexueller Nötigung?
Zunächst ist juristisch festzuhalten, dass es das Delikt der sexuellen Belästigung in der deutschen Gesetzgebung nicht gibt, d.h. es wird nicht als Straftat eingestuft und ist straflos. Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) spricht man innerhalb des Arbeitsrecht u.a. von sexuellen Aufdringlichkeiten und somit von Diskriminierung — rechtswidrig und sanktioniert.
Die sexuelle Nötigung hingegen ist das, was den Fällen in Köln oder Hamburg zugrunde liegt. Sie beschreibt die Ausnutzung einer schutzlosen Lage unter Androhung oder Ausführung von Gewalt, um sexuelle Handlungen gegen den Willen des Opfers durchzuführen. Eine schutzlose Lage ist es dann, wenn das Opfer sich der Situation nicht erwehren kann. Am Beispiel der Übergriffe in Köln konnten die Frauen, da sie umkreist wurden, keine Chance zu entkommen bzw. Widerstand zu leisten, daher befanden sie sich der Definition nach in einer schutzlosen Lage.
Nach deutschem Strafgesetz muss bei der sexuellen Nötigung ein erheblicher Akt vorliegen. Erheblich bedeutet, dass bspw. bedeckte Genitalien berührt werden, ferner wird auch Grad und Art der Berührungen beurteilt. Beim Begrapschen handelt es sich de jure um Beleidigung.
Was erwartet Täter und was Opfer tun sollten
Im Falle einer sexuellen Nötigung liegen die Sanktionen unterschiedlich. Wird eine angezeigte Handlung als nicht erheblich gewertet, so kann das Verfahren gegen Geldstrafe eingestellt werden. Andernfalls erwarten Täter bei vorliegender Erheblichkeit des Tatbestands extrem hohe Geld- oder Freiheitsstrafen.
Was sollten Opfer tun?
Absolut unerlässlich ist die Strafanzeige gegen den Täter! Denn nach drei Monaten verfällt die Anzeigerfist für Beleidigungen. Warten Sie als Opfer nicht mit der Anzeige, denn mit jedem Tag verblassen Erinnerungen an den Tathergang und Täter.
Was sollte man als Zeuge eines sexuellen Übergriffs tun?
Gemäß § 323c StGB wird ein Nicht-Handeln, wenn man Zeuge eines sexuellen Übergriffs wird, als unterlassene Hilfeleistung beurteilt und wird geahndet. Auch wenn Sie dem Opfer nur indirekt helfen, sollten Sie sich bei der Polizei melden und eine Zeugenaussage machen.
Abschiebung oder Ausweisung gerechtfertigt?
Wie mit den Tätern verfahren wird, wird die Zeit zeigen. Bislang konnten nur wenige der Gesuchten festgenommen werden. Berichten zufolge handelte es sich bei den Tätern allerdings auch um Asylbewerber und Flüchtlinge. Von Ausweisung und Abschiebung spricht man in ihren Fällen erst, wenn sie die Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik gefährden.
Für Fragen zum Strafrecht stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns einfach. Laufend informieren wir über Neuigkeiten im Fall der Silvester-Übergriffe in Köln in unseren News! Ebenso finden Sie auf unserem Kanzlei-Channel ein Video zum Thema: Sexuelle Übergriffe in Köln – Welche Rechte haben Frauen jetzt?
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