Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat gestern entschieden, dass einer Minijobberin keinen Lohnanspruch zusteht, wenn sie aufgrund einer pandemiebedingten behördliche Schließung nicht arbeiten kann. Rechtsanwalt Markus Mingers geht im Folgenden näher auf die Rechtslage ein!
Im Frühjahr 2020 waren aufgrund der ersten Corona-Welle viele Unternehmen gezwungen, auf behördliche Anweisung hin zu schließen. So auch die Arbeitsstelle der Klägerin: die Filiale eines Nähmaschinenhandels in Verden. Viele der Beschäftigten wurden nach Hause geschickt und arbeiteten sodann in Kurzarbeit. Die Klägerin hingegen war dort als geringfügig Beschäftigte eines Minijobs tätig. Ohne Sozialversicherungspflicht unterfiel sie nicht den persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeit nach §§ 95 Nr. 3, 98 Abs. 1 SGB III iVm. § 8 Abs. 1 SGB IV.
Daraufhin stellte der Arbeitgeber mit Verweis auf die besondere Situation der globalen Pandemie ihre Lohnzahlungen ein. Seiner Ansicht nach sei es unangemessen, ihn mit dem Betriebs- und somit auch Lohnrisiko zu belasten. Im Übrigen sei sie gegenüber anderen Beschäftigten, die Kurzarbeitergeld bekämen, finanziell im Vorteil.
Die Minijobberin war gegensätzlicher Meinung und klagte vor dem BAG auf Zahlung ihres Lohns in Höhe von 432 €, den sie bei Ausübung ihrer Tätigkeit im April 2020 erhalten hätte.
„In einem Arbeitsverhältnis tauschen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihre wechselseitigen Hauptleistungen aus. Im Einzelnen: Arbeit gegen Lohn“, sagt Rechtsanwalt Markus Mingers. „Kann die Arbeitsleistung nicht erbracht werden, zum Beispiel aufgrund rechtlicher Unmöglichkeit infolge einer Betriebsschließung, entfällt die Pflicht des Arbeitnehmers zum Tätigwerden. Wenn dem Arbeitgeber kein Verschulden daran trifft und soweit im Dienstvertragsrecht nichts näher dazu geregelt ist, fällt dabei auch der Vergütungsanspruch weg. Nach § 615 S. 1, S. 3 BGB kann der Arbeitnehmer aber trotz fehlender Arbeitsleistung seine Vergütung verlangen, wenn der Arbeitsausfall nach wertenden Gesichtspunkten in das Betriebsrisiko des Arbeitgebers fällt.“
Von diesem Grundsatz macht die Rechtsprechung aber in bestimmten Fällen eine Ausnahme. „Das Betriebsrisiko wird im Fall der Existenzgefährdung durchbrochen. Der Anspruch auf Lohnzahlung besteht etwa dann nicht, wenn das die Betriebsstörung herbeiführende Ereignis den Betrieb wirtschaftlich derart schwer treffen würde, dass bei Zahlung des vollen Lohns an den Kläger die Existenz des Betriebes gefährdet würde“, führt Rechtsanwalt Mingers weiter aus. Bislang musste sich das BAG nicht vertieft mit der Frage auseinandersetzen, wann genau eine Existenzgefährdung vorliege. Die Konstellation, bei der behördlich angeordnete landes- und bundesweite Schließungen über einen längeren Zeitraum zu Einschränkungen führten – wie vorliegend bei einem pandemiebedingten Lockdown – wurde bis dato in der Rechtsprechung noch nicht entschieden.
Die Vorinstanzen, das Arbeitsgericht (ArbG) Verden und das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen, haben zugunsten der Klägerin entschieden. Der Arbeitgeber müsse aufgrund der arbeitsvertraglichen Risikozuweisung in jedem Fall das wirtschaftliche Risiko des Einsatzes seiner Arbeitnehmer tragen.
Das BAG sah das anders. Der Arbeitgeber trage demnach nicht das Risiko eines Arbeitsausfalls, wenn zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen durch behördliche Anordnungen nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen würden. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung sei Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer Gefahrenlage, welche die gesamte Gesellschaft betrifft. Darin realisiere sich nicht das typische Betriebsrisiko des Arbeitgebers und dafür müsse er somit auch nicht einstehen. Laut den Arbeitsrichtern betreffen die landesweiten Betriebsschließungen Arbeitgeber und Beschäftigte gleichermaßen. Die Klage der Minijobberin wurde somit vom BAG abgewiesen.
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