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Massenentlassungen in der Region! Sowohl das Pharmaunternehmen Grünenthal, als auch der DVD-Hersteller Cinram planen in Aachen-Eilendorf sowie Alsdorf einen massiven Stellenabbau. Trotz Rettung durch Übernahme der Talbot Services GmbH nach der Werksschließung in Aachen 2013, müssen auch Arbeitnehmer des Zugherstellers Bombardier um ihre Stellen fürchten.
Was der Stellenabbau für Arbeitnehmer bedeutet und welche Rechte Sie geltend machen können, haben wir für Sie zusammengefasst.
Cinram GmbH in Alsdorf: Zum 01.08.2017 hat der Alsdorfer CD- und DVD-Hersteller Cinram einen Teilschließungsbeschluss erlassen. Aufgrund der Kündigung des langjährigen Kooperationspartners Universal Pictures drohten eklatante Umsatzeinbußen. Man könne diesen erheblichen Auftragsverlust nicht ausgegleichen. Das Insolvenzverfahren am Verwaltungsgericht Aachen ist letzte Woche eröffnet worden.
Betroffen vom Stellenabbau sind rund 330 Mitarbeiter in der Produktion. Derzeit verhandelt man noch über die Fortführung von Distribution, Druckerei und Endverarbeitung. Gemäß des mit dem Betriebsrat verhandelten Sozialplans, sind knapp 100 Stellen weniger betroffen, als zuletzt angenommen. Ferner werden für gekündigte Mitarbeiter Versammlungen organisiert, in denen sie über Möglichkeiten unterrichtet werden. Die Rede ist hier von einer eingerichteten Transfergesellschaft sowie Angeboten der Agentur für Arbeit.
Grünenthal GmbH in Aachen: Beim Aachener Pharmaunternehmen Grünenthal sind ebenfalls hunderte Arbeitsplätze bedroht. Grund dafür ist eine geplante Neustrukturierung zur Eröffnung einer weltweiten Firmenstruktur. Vom Stellenabbau betroffen sind etwa 350 Mitarbeiter, u.a. in Aachen-Eilendorf und Stolberg. Hier werden ca. 70 Stellen gestrichen. Offiziell wiegelt man einen Stellenabbau in den regionalen Standorten ab, denn die Umstrukturierungspläne stünden noch am Anfang. Eine Verkleinerung der Belegschaft sei die einzige Möglichkeit wettbewerbs- und zukunftsfähig zu sein.
Der Betriebsrat schlug ebenfalls ruhige Töne an: Man bemühe sich Entlassungen und damit einem massiven Stellenabbau entgegenzuwirken. Gespräche mit der Unternehmensleitung stehen allerdings noch aus. Ferner fehlt bislang genügend Wissen um die geplanten Neu- bzw. Umstrukturierungen.
Bombardier Transportation GmbH in Görlitz: Auch Zughersteller Bombardier kündigte einen massiven Stellenabbau an. Betroffen hiervon seien mehrheitlich die Standorte Görlitz sowie Hennigsdorf in Brandenburg. Etwa 1/4 der Belegschaft muss beim Zughersteller um ihren Job bangen. Laut Pressestimmen soll es keine betriebsbedingten Kündigungen geben, alle Produktionsstandorte bleiben bestehen.
Bis 2020 sollen etwa 2200 Arbeitsplätze abgebaut werden — zugunsten von Innovation, Standortspezialisierung und Zukunftsförderung. Vom Stellenabbau in allen Werken sind 700 Leiharbeiter betroffen.
# Kündigung muss Schwarz auf Weiß erfolgen
Um ein Arbeitsverhältnis zu beenden, muss gemäß § 623 BGB eine Kündigung bei Stellenabbau zwingend in Schriftform erfolgen! Eine Kündigungserklärung ist schriftlich zu dokumentieren, zu unterzeichnen und im Original zugestellt werden. Allerdings muss seitens des Arbeitgebers kein Kündigungsgrund angegeben werden.
# Kündigungsfristen sind meist zugunsten von Arbeitnehmern
Gesetzlich gilt nach § 622 Abs. 2 BGB eine Kündigungsfrist abhängig zum Arbeitsverhältnis. Das bedeutet, je länger Sie ohne Unterbrechung für den Betrieb gearbeitet haben, desto länger ist Ihre Kündigungsfrist. Meist wird das sog. Günstigkeitsprinzip zugunsten des Arbeitnehmers angewendet. Demnach werden längere Fristen beachtet.
# Frist für Kündigungsschutzklage unbedingt einhalten
Nach Erhalt der Kündigung, gilt es nicht lange zu zögern. Denn ab Zugang des Kündigungsschreibens beginnt eine dreiwöchige Klagefrist für eine Kündigungsschutzklage gegen den Arbeitgeber. Auch bei Stellenabbau im Betrieb ist die Kündigungsschutzklage möglich. Dass die Kündigung eingegangen ist, ist von Ihnen nicht gegenzuzeichnen.
Noch dazu raten wir dringend davon ab, Dokumente, die Ihre Kündigung betreffen, in irgendeiner Form zu unterzeichnen. Holen Sie bei Erhalt der Kündigung zwingend juristischen Rat ein.
ACHTUNG: Ohne Rechtsschutzversicherung tragen Sie die Kosten eines Verfahren bei Klage gegen Ihren Arbeitgeber selbst.
# Sozialauswahl bei Stellenabbau ist Pflicht
Wird Ihr Betrieb nicht vollständig geschlossen, sondern wird ein massiver Stellenabbau geplant, tritt der Betriebsrat in Aktion. Betrieblich ist hier eine Sozialauswahl durchzuführen. Demnach führt der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung ein sog. Betriebsratsanhörungsverfahren. Um den Stellenabbau durchzuführen, trägt der Arbeitgeber volle Darlegungs- und Beweislast.
# Betriebsrat als aussichtsreiche Anlaufstelle
Steht im Betrieb ein massiver Stellenabbau an, ist der Betriebsrat eine aussichtsreiche Anlaufstelle. Sind mögliche Entlassungen geplant, führt der Betriebsrat, sofern vorhanden, Verhandlungsgespräche zum Interessenausgleich. Er wirkt einem Stellenabbau entgegen, handelt bspw. einen modifizierten Sozialplan mit der Unternehmensleitung aus oder entwickelt etwaige Ansprüche auf Abfindung für Sie.
Diesen Beitrag gibt’s auch als Video: Was ihr zum Stellenabbau in der Region wissen müsst!
# Abfindung bei Stellenabbau überhaupt möglich?
Auch bei einem Stellenabbau in Ihrem Werk sind etwaige Ansprüche auf Abfindung durchsetzbar. Zwar besteht grundsätzlich keine gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung, dennoch können auch bei betriebsbedingter Kündigung mit Stellenabbau im gesamten Betrieb etwaige Vereinbarungen zum Sozialplan getroffen werden. Auch die Diskussion neuer, innerbetrieblicher Einigungen ist möglich.
# Die Faustformel zur Abfindung
Die Höhe etwaiger Abfindungen ist grundsätzlich immer individuell zu berechnen. Denn eine Abfindung bei Stellenabbau bemisst sich auch nach Ihren sozialen Bedingungen und Ihren Erfolgschancen bei einer prozessualen Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber. Allerdings gibt es eine Faustformel, die annähernd den Abfindungswert bestimmt. Dazu multipliziert man ein halbes Bruttomonatsgehalt mit den Jahren der Beschäftigung.
# Aufhebungsvertrag unbedingt mit einem Profi besprechen
Beim Stellenabbau ist ein Aufhebungsvertrag der galanteste Weg für Arbeitgeber sich von Mitarbeitern einvernehmlich zu trennen. Denn wie der Name Vertrag schon sagt, müssen beide Parteien ihr Einverständnis geben. Doch Vorsicht! Sie müssen einen Aufhebungsvertrag nicht unterschreiben. Bleibt Ihre Unterschrift aus, kommt der Vertrag nicht zustande. — Umgekehrt hat er Wirksamkeit, wenn Sie unterschreiben.
# Nachteile in Vertragsform
Meist spielt ein Aufhebungsvertrag nur dem Arbeitgeber in die Hände. Beispielsweise kommt es mit einer außergerichtlichen Einigung zum Stellenabbau, mögliche Ansprüche beim Arbeitslosengeld werden abgeschwächt. Die Konditionen sind in den meisten Fällen im Aufhebungsvertrag deutlich schlechter als die, die vor einem zuständigen Arbeitsgericht entschieden worden wären.
Unterzeichnen Sie einen Aufhebungsvertrag niemals ohne diesen von unseren Experten für Arbeitsrecht bewerten zu lassen.
Sind Sie betroffen vom geplanten Stellenabbau bei Cinram, Grünenthal oder Bombardier, dann ist auch im Falle dieser betriebsbedingten Kündigung ratsam einen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren. Denn auch die Wirksamkeit einer hierbei ausgesprochenen Kündigung kann unwirksam sein.
Lassen Sie bei Erhalt des Kündigungsschreiben also umgehend die Wirksamkeit Ihrer Entlassung prüfen.
Wir von Mingers & Kreuzer Rechtsanwälte bieten betroffenen Mitarbeitern eine umfassende und kompetente Prüfung Ihrer Kündigung. Wir finden etwaige Ungereimtheiten in Ihrem Kündigungsschreiben aufgrund unserer jahrelangen Erfahrung im Bereich Arbeitsrecht und Kündigung. Dadurch sind Sie in der Lage rechtliche Schritte gegen Ihre Entlassung einzuleiten!
Haben Sie eine Kündigung von Cinram, Grünenthal oder Bombardier erhalten? Dann handeln Sie schnell! Die Klagefrist für eine aussichtsreiche Kündigungsschutzklage beträgt nur drei Wochen nach Erhalt der Kündigung!
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