In wenigen Wochen soll bundesweit die berufsbezogene Impfpflicht in Kraft treten. Bayern erklärt nun, diese vorerst nicht umsetzen zu wollen. Es bedürfe einer Umsetzungszeit. Die Frage ist nun: Darf Bayern das rechtlich überhaupt?
Im Dezember beschloss der Bundestag, mit den Stimmen der Union, eine berufsbezogene Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen. Der Bundesrat stimmte dieser einstimmig, mit Stimmen von Bayern, zu. Drei Monate später lehnt Bayern eine Umsetzung ab. „CSU-Parteichef Markus Söder stoppt die ab Mitte März vorgesehene einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflegekräfte in Bayern“, erklärt Rechtsanwalt Markus Mingers. „Dies kündigte er in Anschluss an eine Sitzung des CSU-Vorstands in München an. Bayern wolle nun seinen eigenen Weg gehen.“
„Söder wolle großzügigste Übergangsregelungen gelten lassen, was de facto auf ein Aussetzen des Vollzugs hinausläuft“, so Mingers. „Er ließ dabei offen, ob und wann Bayern noch mit einer Impfpflicht in Kliniken und Pflegeheimen nachzieht. Es brauche Zeit, um das Ganze vernünftig zu gestalten.“ Dabei verweist er auf die auf der Gesundheitsministerkonferenz Ende Januar beschlossenen Umsetzungszeit für die Teil-Impfpflicht.
Bayerns Ministerpräsident gab als Argument seine Sorge vor einer Abwanderung der Pflegekräfte an. Dies könne zu einer zusätzlichen Belastung und Verschlechterung der Situation in der Pflege führen. Es könne erhebliche Probleme schaffen, wenn ungeimpfte Pflegekräfte kündigten. „Zudem sei die einrichtungsbezogene Impfpflicht laut Söder kein wirksames Mittel mehr, um die jetzige Omikron-Welle zu stoppen“, führt Rechtsanwalt Markus Mingers weiter aus. „Grundsätzlich plädierte er aber weiterhin für eine allgemeine Corona-Impfpflicht – er hoffe dabei auf eine kluge Entscheidung.“
Söder bekommt für seinen Entschluss viel Unterstützung aus den eigenen Reihen der Union. CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz kritisiert, die Bundesregierung habe es versäumt, die nötigen Voraussetzungen für die Umsetzung der Teil-Impfpflicht zu schaffen. Die Beschäftigten würden mit den arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Folgen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht allein gelassen werden. Merz betonte, dies würde die ganz einhellige Meinung von Präsidium und Bundesvorstand der CDU wiedergeben und die einrichtungsbezogene Impfpflicht müsse bundesweit ausgesetzt werden.
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht ist im Infektionsschutzgesetz (IfSG) geregelt. § 20 a IfSG sieht vor, dass Beschäftigte des Gesundheitswesens entweder geimpft oder genesen sein müssen. Für die Ausführung des Bundesgesetzes sind die Länder zuständig. Aufgrund des föderalen Systems in Deutschland ist somit auch Bayern dazu verpflichtet, das Gesetz umzusetzen. Wie genau die Umsetzung organisiert wird, liegt dabei in der Verantwortung der Bundesländer.
Im Regelfall halten sich die Länder an ihre Pflicht, das Gesetz umzusetzen. Wenn Gesetze aber nicht oder mangelhaft umgesetzt werden, kann die Bundesaufsicht eingreifen. Es handelt sich um ein den obersten Bundesbehörden nach Artikel 84 GG zustehendes Recht, die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder zu überwachen.
Zunächst könnten Verwaltungsvorschriften erlassen werden, mit denen etwa inhaltliche Kriterien für die Ermessensentscheidungen der Gesundheitsämter, ob ein Tätigkeitsverbot ausgesprochen werden soll, festgelegt werden könnten. Im Zweifel aber kann ein Streit zwischen Bund und Ländern über die Umsetzung von Bundesgesetzen bis vor das Bundesverfassungsgericht getragen werden.
Es hagelt nun Kritik an der Entscheidung von Markus Söder durch die Ampel-Koalition. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach machte deutlich, dass das Gesetz gilt und er eine Verschiebung ablehnt. Zum Einen würden ältere Menschen mit schwachem Immunsystem in Pflegeeinrichtungen gefährdet. Zum anderen würde die Glaubwürdigkeit der Politik Schaden nehmen – es handle sich dabei um ein fatales Signal.
FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann sprach von einer egozentrischen Weigerung. Wenn ein ernsthaftes Interesse an Umsetzungsfragen bestehen würde, hätte Söder mit Bund und Ländern daran arbeiten können.
Laut der Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung Claudia Moll komme Deutschland derzeit so gut durch die Omikron-Welle, weil viele Pflegebedürftige und auch Pflegekräfte geimpft, geboostert und die Einrichtungen gut geschützt sind. Alleingänge der Bundesländer sollten deshalb vermieden werden.
Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow kritisierte Söder für seinen Alleingang. Man dürfe als Ministerpräsident nicht den Eindruck erwecken, dass man nicht mehr bundestreu ist. Dennoch gäbe es Widersprüche im Gesetz, die es zu klären gelte. Eine allgemeine Impfpflicht sei seiner Ansicht nach von vornherein besser gewesen.
Die Kanzlei Mingers reicht Verfassungsbeschwerde gegen die Impfpflicht der Gesundheits- und Pflegeberufe ein. Jeder, der aus der Gesundheits- und Pflegebranche kommt, kann teilnehmen! Die Kosten pro Teilnehmer betragen 300€. Anmeldungen sind bis zum 28.02.2022 möglich. Melden Sie sich jetzt unter office@mingers.law und schließen Sie sich uns an!
Für weitere Fragen wenden Sie sich an die Mingers. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Wir beraten Sie gerne! Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081, dem Kontaktformular auf unserer Website oder Sie schreiben uns eine E-mail an Office@mingers.law.
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