So wie bei der Haftpflicht, stellt sich auch bei der Kasko im Bereich der Schadensregulierung häufig die Frage, wie viel genau die Versicherung im Fall der Fälle tatsächlich bezahlen muss. Hinsichtlich der Kosten für eine erforderliche Reparatur ist häufig unklar, ob der Geschädigte den Preis für die Arbeit eines teuren Markenbetriebs verlangen kann oder nur den einer üblicherweise billigeren freien Werkstatt gegenverrechnen darf.
Diese Frage wurde nun kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil geklärt: Es ist unter bestimmten Umständen möglich, auch im Rahmen der fiktiven Abrechnung, von der Versicherung die Kosten für eine Reparatur in der Fachwerkstatt zu fordern.
Diese bestimmten Umstände, die der BGH in seinem Urteil zitiert, sind klar definiert: wenn es sich
bei dem betreffenden Fahrzeug um ein „neues Auto“ handelt oder der Wagen bis zu diesem Zeitpunkt immer ausschließlich in einem Markenbetrieb repariert wurde also „scheckheftgepflegt“ ist. Die
Beweislast dafür trägt der Geschädigte selbst.
Wir raten daher allen Kasko-Versicherten, Reparaturen und Wartungen in der Fachwerkstatt immer entsprechend zu dokumentieren und den Nachweis dafür inklusive Rechnungen stets sorgsam zu verwahren.
Nachdem davon auszugehen ist, dass in naher Zukunft einige Versicherungen die Entscheidung des BGH noch nicht kennen, aufweichen wollen oder glauben, dass Sie als Geschädigter nichts davon wissen, ist beim Durchsetzen Ihrer Forderungen anwaltliche Hilfe anzuraten. Unter Umständen sind sogar Gerichte, wenn es dann hart auf hart kommt, noch nicht mit der neuen Rechtsprechung vertraut.
Bei der fiktiven Abrechnung, auch Abrechnung nach Gutachten genannt (da zur exakten Schadenskalkulation ein Gutachten notwendig ist, nach welchen dann abgerechnet wird), handelt es sich um eine Kostenrückerstattung ohne tatsächlichen Reparaturnachweis – der Geschädigte kann gemäß § 249 BGB selbst frei entscheiden, ob er das beschädigte Fahrzeug instand setzen und die Reparatur bezahlen lässt, oder sich die finanzielle Entschädigung ohne Reparaturnachweis von der Versicherung holt.
Die Details zur fiktiven Abrechnung sind laut Urteil des BGHs wie folgt festgelegt:
.) Die geschädigte Person hat dann Anspruch auf Erstattung der Nettokosten (früher Bruttokosten, seit 1.8.2002 ohne gesetzliche Mehrwertsteuer) für die Reparatur, wenn diese den Wiederbeschaffungswert für das Kfz nicht übersteigen und das Fahrzeug innerhalb der folgenden sechs Monate nicht veräußert wird.
.) Wird der verunfallte Wagen innerhalb der folgenden sechs Monate veräußert, hat die geschädigte Person lediglich Anspruch auf Rückerstattung des Wiederbeschaffungsaufwands (Wiederbeschaffungs- minus Restwert), den ein Sachverständiger in Relation zum Wert auf dem regionalen Markt ermittelt hat.
.) Bei der fiktiven Abrechnung werden Verbringungskosten und Ersatzteilzuschläge als Teil des Gesamtschadens nur dann erstattet, wenn der Nachweis dafür erbracht wird – bei den Zuschlägen beispielsweise, dass die Vertragswerkstatt diese dem Geschädigten verrechnet hat.
Aber Achtung: Häufig werden von den Schadensregulierern die Stundenverrechnungssätze der Markenwerkstätten willkürlich an das Lohnniveau regionaler Unternehmen, freier Werkstätten oder an die Preise von Partnerwerkstätten (Vertragswerkstätten der Versicherungsunternehmen) angepasst. Dieses Schadensmanagement wird immer zu Ungunsten des Geschädigten betrieben, der mit dem ungewollten Verzicht auf Positionen, die ihm von Gesetz wegen zustehen, letztlich den Zusatzgewinn der Versicherer subventioniert. Diese Unternehmen sparen auf die Art und Weise jährlich Millionenbeträge.
Da diese Kürzungen gegen geltendes Recht vorgenommen werden, sollten Sie auch in diesem Fall zur Wahrung Ihrer Interessen anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Wir beraten Sie gerne.