Erneuter Lockdown oder weitere Lockerungen – diese Grundsatzfrage stand im Vordergrund der letzten Verhandlungen zur Einschränkung der Coronapandemie. Die Antwort der Regierung: Es geht in einen Knallhart-Lockdown über Ostern. Der Einzelhandel schließt wieder, es sollen sogenannte „Ruhetage“ gelten. Doch was steckt dahinter und welche Konsequenzen entstehen dadurch? Warum viele Beschlüsse juristisch kaum haltbar sind, das erfahren Sie hier!
Nach langen Verhandlungen am Montag (22. März) steht doch nur wenig eindeutig fest. Der Lockdown wird zum wiederholten Male verlängert, über Ostern gelten sogar noch strengere Maßnahmen als bisher. Die verschärften Regelungen sollen das Infektionsgeschehen einschränken – doch aus juristischer Sicht sind die Beschlüsse mehr als nur fragwürdig.
Abgesehen davon, dass die Maßnahmen wieder einmal tief in die Grundrechte aller eingreifen – weshalb ohnehin der Parlamentsvorbehalt auf Länderebene gilt, sodass die Bundesregierung diese Entscheidungen eigentlich gar nicht treffen kann – bleiben viele Fragen offen. Die Maßnahmen lassen einen großen Interpretationsspielraum und fallen für viele zum Nachteil aus. Der geplante Knallhart-Lockdown über Ostern ist dementsprechend juristisch schief und nicht wirklich haltbar.
Zu den Beschlüssen zählt unter anderem, dass der Gründonnerstag und Karsamstag als sogenannte „Ruhetage“ gelten sollen. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer an diesen Tagen nicht arbeiten – so soll es möglich sein, Kontakte zu vermeiden. Ihnen stehen damit zwei zusätzliche bezahlte Urlaubstage zu.
Dies ist aus verschiedenen Gründen höchstproblematisch. Denn einen „Ruhetag“ gibt es aus juristischer Sicht gar nicht, es handelt sich hier also um eine Art Kunstbegriff, der kaum weiter definiert ist. Der Begriff taucht allein im Arbeitsschutzgesetz auf. Dort sichert er das Einhalten von Ruhephasen und Pausen, beziehungsweise gegebenenfalls auch das Einhalten von ganzen Ruhetagen, nach einer gewissen Stundenzahl in der gearbeitet wurde.
Doch aus dieser unklaren Formulierung ergeben sich diverse rechtliche Anschlussprobleme. Juristisch betrachtet kommt diese Maßnahme einer Art „Feiertag light“ nahe. Und da Feiertagsregelungen in der Entscheidungsgewalt der Länder liegen, müssen diese jetzt unmittelbar sämtliche Anschlussfragen der Debatte klären.
Eine Frage dabei betrifft zum Beispiel die finanziellen Umstände, die daraus entstehen. Denn die Regelung fällt klar zum Nachteil der Arbeitgeber aus. Während nämlich die Arbeitspflicht der Arbeitnehmer für zwei Tage ausgesetzt ist, bleibt die Bezahlungspflicht der Arbeitgeber währenddessen bestehen. Dies löst ein eindeutiges finanzielles Ungleichgewicht für Selbstständige und Unternehmer aus. Erhalten sie daher staatliche finanzielle Entschädigungen? Viele von ihnen warten zumal noch immer auf versprochene Wirtschaftshilfen der vergangenen Monate – nun belasten die Beschlüsse ihre finanzielle Lage erneut. Das ist juristisch kaum haltbar.
Was durch die Beschlüsse eindeutig wird: Die geplanten Ruhetage gelten nicht dem Ausdehnen des christlichen Osterfestes, sondern dem Einschränken des Infektionsgeschehen. Sie wurden also aus infektionsschutzrechtlichen Gründen beschlossen. Zielführend wären die Maßnahmen also nur dann, wenn tatsächlich persönliche Kontakte dadurch eingeschränkt werden. Aber: Zwei zusätzliche Tage, an denen zum Beispiel der Lebensmittelhandel geschlossen bleibt, verlagern den Einkauf der Menschen doch nur auf wenige andere Tage, sodass es sich in den Geschäften vermutlich eher aufgrund von größeren Menschenansammlungen häufen wird.
An dieser Stelle steht also ganz klar die Frage im Raum: Sind die Maßnahmen überhaupt zielführend im Sinne des Infektionsschutzes? Und sind sie auch verhältnismäßig zu den wirtschaftlichen Schäden, die dadurch in Kauf genommen werden?
Überträgt man das Ziel der Maßnahme, nämlich die Reduzierung von Kontakten, nun auf Personen, die ohnehin schon im Homeoffice arbeiten, entstehen auch hier weitere Fragen. Wenn es schließlich aufgrund von Homeoffice-Regelungen derzeit sowieso keine Kontakte durch die Arbeit gibt, müssten diese Personen dann nicht auch an den betroffenen Tagen weiterarbeiten können?
Außerdem fraglich bleibt bei den aufgeworfenen Regelungen, wer denn nun über die besagten Tage arbeiten darf und welche Branchen nicht arbeiten dürfen. Von den Ruhetagen ausgenommen sind wohl alle, die ohnehin an Feiertagen oder Wochenenden arbeiten – also Personen, die in Bereichen der öffentlichen Daseinsvorsorge tätig sind (Polizei, pflegende Berufe, etc.). Doch weitergedacht müsste die Regelung für eben diese Berufsgruppen einen Feiertagszuschlag vorsehen. Schließlich entstünde anderenfalls auch an dieser Stelle ein Ungleichgewicht, wenn andere Arbeitnehmer zwei zusätzliche bezahlte Urlaubstage bekommen, während andere Branchen an diesen Tagen normal arbeiten müssen.
Aufgrund dieser Menge an offenen Fragen werden die Maßnahmen arbeitsrechtlich sicherlich zu einigen Prozessen führen. Schließlich fallen die neuen Corona-Beschlüsse eindeutig zum Nachteil vieler Arbeitgeber aus – während es für sie derzeit keine staatlichen Entschädigungsangebote gibt. Wiederholt trifft die Regierung also die Selbstständigen, die ohnehin schon mit sämtlichen Regelungen der Corona-Pandemie zu kämpfen haben, während versprochene Corona-Hilfen der Regierung zum Teil weiterhin ausbleiben.
Außerdem muss weiterhin die Frage nach der Verhältnismäßigkeit gestellt werden. Ausgangssperren gehören zu den massivsten Eingriffen in die Grundrechte. Auch hier muss eine Klärung dessen erfolgen, ob diese massive Form einer Maßnahme verhältnismäßig ist zu den Zielen, die damit verfolgt werden können.
Sollten Sie zu diesem Thema noch weitere Fragen haben oder sich selbst als Unternehmer durch die Beschlüsse negativ betroffen sehen, wenden Sie sich gerne an uns! Wir beraten Sie gerne! Unsere Kontaktdaten finden Sie auf unserer Website. Zu dem Thema haben wir außerdem schon ein Video gemacht, das Sie hier finden können.
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