Das neue Infektionsschutzgesetz (IfSG) der Ampel-Parteien sieht eine Corona-Impfpflicht in bestimmten Berufsgruppen vor. Bundestag und Bundesrat haben dafür gestimmt. Die begrenzte Impfpflicht ist nun beschlossene Sache.
Die Koalition hält die Impfpflicht für das probate Mittel, um eine Herdenimmunität gegen das Corona-Virus und seine Varianten zu erreichen. Doch ist das rechtlich überhaupt möglich? Rechtsanwalt Markus Mingers nimmt im Folgenden zur aktuellen Rechtslage Stellung!
Nachdem sich der Bundestag mit 571 Ja-Stimmen für die Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ausgesprochen hat, hat nun auch der Bundesrat zugestimmt. Das Gesetz der Ampel-Koalition sieht eine Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen vor. Diese gilt ab Mitte März 2022 für Mitarbeiter von Einrichtungen, in denen besonders durch Corona gefährdete Menschen behandelt oder betreut werden.
Eine einrichtungsbezogene Impfpflicht soll somit für Altenheime, Pflegeheime, Krankenhäuser, Tageskliniken, Arztpraxen, Rettungsdienste und sozialpädogische Zentren gelten. Laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist oberstes Ziel der Schutz der Bevölkerung. Die Politik müsse alles tun, um die Gesundheitskrise schnell zu beenden und die Omikron-Welle zu verhindern.
„Grundsätzlich stellt eine Impflicht eine Beeinträchtigung der Grundrechte der Ungeimpften dar“, erklärt Rechtsanwalt Markus Mingers. „Es liegt einmal ein Eingriff in die Allgemeine Handlungsfreiheit nach Artikel 2 Absatz 1 GG vor sowie in die körperliche Unversehrtheit nach Artikel 2 Absatz 2 GG. Dann liegt, soweit sie bestimmte Berufsgruppen betrifft, auch ein Eingriff in die Berufsfreiheit nach Artikel 12 GG vor. Es wird eine Impfpflicht für Berufsgruppen diskutiert, die Kinder betreffen, wie Erzieher und Lehrer, sowie für Mitarbeiter von Pflegeheimen.“
„Bei dem Eingriff in die Berufsfreiheit ist zwischen dem „Ob“ und dem „Wie“ zu differenzieren“, fährt Rechtsanwalt Markus Mingers fort. Diese Unterscheidung hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit der Drei-Stufen-Theorie entwickelt, nach der je nach Eingriffsintensität unterschiedliche Rechtfertigungsgründe zu stellen sind. Die erste Stufe stellt das „Wie“, die Berufsausübungsregelungen, dar. Das „Ob“, die sogenannte Berufswahlfreiheit, unterteilt sich nochmals in subjektive (zweite Stufe) und objektive (dritte Stufe) Zulassungsbeschränkungen. „Hier lässt sich bereits diskutieren, dass, wenn eine Impfung zur Voraussetzung wird, sie fast schon eine Zugangsregelung für ein „Ob“ ist. Zumindest haben wir einen Eingriff in die Berufsausübungsregelungen des Artikel 12 GG“, so Mingers.
„Diese Eingriffe müssten gerechtfertigt sein. Gerechtfertigt wären sie, wenn sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen würden“, betont Rechtsanwalt Markus Mingers. „Sie müssten einen legitimen Zweck verfolgen und dabei geeignet, erforderlich und angemessen sein.“
Das Mittel ist geeignet, wenn der damit verfolgte Zweck überhaupt erreicht oder zumindest gefördert werden kann. Laut Einschätzung des Rechtsanwalts Markus Mingers würde eine Eignung dann bestehen, wenn durch die Impfpflicht die sogenannten vulnerablen Berufsgruppen geschützt würden. Daraus ergeben sich folgende zwei Fragestellungen:
„Davon ist man bisher wissenschaftlich ausgegangen. In den letzten Wochen kam aber immer mehr Kritik, da auch Geimpften sich infizieren und das Corona-Virus weitergeben konnten, also dann doch eine Gefahr für andere darstellten. Hier müsse man die wissenschaftlich-medizinische Lage klären, bevor man hier eine Entscheidung trifft“, stellt Markus Mingers klar.
„Es muss zunächst geklärt werden, ob Ziel des Eingriffs die Herdenimmunität ist“, erklärt Rechtsanwalt Mingers. „Denn bisher wurde vom Robert-Koch-Institut und der Politik vorgegeben, dass wenn 85 % doppelt geimpft sind, die Herdenimmunität erreicht sei. Dann hätte man eine ausreichende Immunität in der Bevölkerung und die 15% Ungeimpften würden das als eigenes Lebensrisiko auf sich nehmen, würden aber keine Gefahr mehr für die allgemeine Bevölkerung darstellen.“
„Davon rückt man mittlerweile ab. Man sei sich gar nicht mehr so sicher, dass die 85 % zur Herdenimmunität ausreichen. Hier braucht man jetzt wissenschaftliche Klarheit darüber, was das Ziel sein soll. Lediglich Bevölkerungsschutz anzubringen, würde einen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz darstellen. Es muss festgestellt werden, wann genau eine Herdenimmunität erreicht ist. Das ist notwendig, um solche Eingriffe zu rechtfertigen. Es bestehen somit bereits Zweifel über die Eignung der Maßnahmen“, nimmt Mingers Stellung.
Das Mittel ist erforderlich, wenn kein milderes, gleich wirksames Mittel zur Verfügung steht, um den Zweck zu erreichen. Laut Rechtsanwalt Markus Mingers stünde ein milderes Mittel mit den Testungen zur Verfügung: „Jetzt wurden kostenlose Bürgertests wieder eingeführt. Momentan gibt es einen Test die Woche – man müsste sie aber grundsätzlich wieder kostenlos machen. Dann hätte man wieder ein milderes Mittel.“
„Alle Ungeimpften könnten sich wieder testen. Womöglich müssten sich auch alle Geimpften testen lassen, wenn nicht klar ist, ob hier eine Immunität herrscht und von den Geimpften auch keine Infektionsgefahr mehr ausgeht. Steht ein milderes Mittel zur Verfügung, ist die Impfpflicht nicht erforderlich und der Eingriff nicht gerechtfertigt“, führt Mingers an.
Rechtsanwalt Markus Mingers hat ebenfalls Zweifel an der Angemessenheit der Maßnahme: „Wir haben eine vorübergehende Zulassung der Impfstoffe mit sehr unklaren Nebenwirkungen. Wir haben Impfdurchbrüche, Nebenwirkungen und Menschen, die verstorben sind. Hier ist die Frage, ob das auf die Impfung zurückzuführen ist. Es muss Klarheit her, wie sicher der Impfstoff ist, um tatsächlich eine Impfpflicht einzuführen. Trotz verschiedener Statistiken fehlt es hier an evidenzbasierten Studien und einer gesicherten Erkenntnislage. Solange diese nicht besteht, kann man eine Impfpflicht auch nicht für bestimmte Berufsgruppen einführen.“
„Manche fordern jetzt, das Masernschutzgesetz als Grundmodell anzuführen. Das passt meines Erachtens auch nicht“, so Mingers. „Denn damit befasst sich noch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Solange dies noch nicht geklärt ist, dient es auch nicht als Vorbild. Zudem dient das Masernschutzgesetz für eine genau definierte Gruppe. Beim Corona-Virus haben wir jedoch eine sehr unbestimmte Gruppe. Das Gesetz kann man somit nicht zu Rate ziehen. Ein weiteres Argument gegen eine Parallele zum Masernschutzgesetz ist, dass die Impfstoffe bislang auch nicht die Virus-Varianten umfassen. Das ist beim Masernimpfstoff natürlich anders: dieser ist mittlerweile seit Jahrzehnten erprobt und man kann treffgenau sagen, wann wie eine sterile Immunität vorherrscht. Diese scheint es bei den Impfstoffen gegen das Corona-Virus noch nicht zu geben.“
„Meines Erachtens lässt sich eine Impfpflicht rechtlich nicht durchsetzen“, hält Rechtsanwalt Markus Mingers zum Abschluss fest. „Danach stellt sich die Frage nach einer indirekten Impfpflicht: können Arbeitgeber sagen, wir stellen nur Geimpfte ein? Bisher nein, denn solange es keine Impfpflicht gibt, kann man das arbeitsrechtlich auch nicht verlangen. Das fällt nicht unter das Direktionsrecht. Arbeitgeber könnten höchstens sagen, dass all die, die nicht geimpft sind, setze ich nicht mehr dort ein, wo es unmittelbaren Kontakt zu Kollegen oder Kunden gibt. Dabei müsste aber eine andere Einsatzmöglichkeit angeboten werden. Die Wahl zur Nichtimpfung stellt somit keinen Kündigungsgrund dar.“
Für weitere Fragen wenden Sie sich an die Mingers. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Wir beraten Sie gerne! Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081, dem Kontaktformular auf unserer Website oder Sie schreiben uns eine E-mail an Office@mingers.law.
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