Den 18.September 2015 wird man in Wolfsburg wohl nicht so schnell vergessen. Gegen 17 Uhr wird der Dieselgate durch die amerikanische Umweltbehörde EPA publik gemacht und Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden Dollar angedroht. Wie wir inzwischen wissen, hat sich Dieselgate zu einem weltweiten Phänomen ausgebreitet und Volkswagen stark belastet. So wurde der ehemalige VW-Vorstandschef Winterkorn inzwischen vom früheren Porsche-Chef Matthias Müller abgelöst. Doch auch diesem ist es bis dato nicht gelungen, die US-Behörden zu besänftigen und technische Umrüstungen erfolgreich auf den Weg zu bringen. Vielmehr scheint es so, dass selbst durch einen Rückruf die erforderlichen Abgaswerte in den Vereinigten Staaten nicht erreicht werden können. Darüber hinaus muss man sich in der Chefetage mit einer weiteren pikanten Problematik auseinandersetzen. Im Detail geht es um ein Protokoll einer Vorstandssitzung des eingangs erwähnten Datums, bei dem sowohl Winterkorn als auch die jetzt Verantwortlichen Müller und Pötsch anwesend waren.
Besondere Brisanz erhält das Protokoll aufgrund des folgenden Satzes: „Dr.Lattwein (Leiter Finanzen) erkundigt sich sodann bei Prof.Winterkorn, Herrn Pötsch und Herrn Müller, ob Ihnen für die Porsche SE wesentliche Risiken des Volkswagen-Konzerns bekannt sind, (…) was die Herren verneinen.“ Das verwundert doch sehr. Schließlich hatte Martin Winterkorn seine Kollegen bereits am 8.September dahingehend informiert, dass Volkswagen gegenüber den entsprechenden Behörden in Amerika den Einsatz illegaler Software gestanden habe. In der besagten Sitzung, in der es um Informationen der Lage in Bezug auf Porsche SE ging, schwieg man aber. In den folgenden Tagen stürzte die Aktie um circa neun Milliarden Euro ab. Jetzt stellt sich die Frage, warum man über diesen Sachverhalt und Dieselgate geschwiegen hat. Volkswagen selber will sich nicht äußern. Aus Kreisen von Porsche dagegen heißt es, dass nach Beratung durch die Kanzlei Kirkland & Ellis der Eindruck entstanden sei, dass die in den USA angelegte Problematik im Rahmen üblicher Gespräche und einer Zahlung gelöst werden könne.
Dass der Vorstand neben Müller und Pötsch aber nichts gewusst haben will, ist nur schwer nachzuvollziehen. So zeigen aktuelle Ermittlungsunterlagen, dass Winterkorn schon Ende Juli 2015 über Dieselgate informiert war. Erst im August gab es dann ein streng vertrauliches internes Treffen mit VW-Managern, bei dem die Lage und deren mögliche Folgen erstmals kommuniziert wurden. Schon da war klar, dass die Behörden sich nicht mit einer einfachen Zahlung besänftigen lassen. Vielmehr standen da schon so genannte Rekordstrafzahlungen zur Debatte. So war für alle Teilnehmer-darunter auch Pötsch und Müller-sichtbar, dass es sich möglicherweise um mehr als 20 Milliarden Dollar handele. Warum man jetzt auf Verantwortlichkeitsebene eine lückenlose Aufklärung fordert und sich nicht zu den Erkenntnissen äußern will, ist fraglich. Jedenfalls scheint es so, als dass die Hauptaktionäre (noch) hinter Müller und Pötsch stehen.
Klar ist zunächst einmal, dass die Ermittlungen bei Dieselgate um Volkswagen weiter andauern werden und wohl erst 2017 zu einem Abschluss kommen. So muss sich die Staatsanwaltschaft durch einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren kämpfen. Genau genommen ermittelt man in Braunschweig momentan gegen 17 Beschuldigte wegen des Verdachts des Betrugs im Rahmen der oben beschriebenen Manipulationen. Aktuelle oder frühere Vorstandsmitglieder seien aber nicht betroffen.
Die neuen Ermittlungsergebnisse haben auch in Bezug auf mögliche Klagen wegen Verstoßes gegen das Wertpapierhandelsgesetz besondere Bedeutung. Mehrfach hatten wir davon berichtet, dass bei einer nicht rechtzeitig ergangen ad-hoc-Mitteilung etwaige Aktienkäufe rückabgewickelt oder ein so genannter Kursdifferenzschaden geltend gemacht werden kann. Hatten also die Manager bereits vorher Kenntnis von den Manipulationen und den Ermittlungen durch die amerikanischen Behörden, stehen die Chancen auf eine erfolgreiche Rechtsdurchsetzung gut. Zwar ist man bei Volkswagen der Meinung, dass der Vorstand im berechtigten Interesse der Gesellschaft gehandelt habe, indem man zunächst eine Aufklärung des Sachverhaltes angestrebt und den Ausgang der Verhandlungen mit den Behörden abgewartet habe. Doch kann man ein Fehlverhalten bei Dieselgate angesichts der aktuellen Informationslage kaum noch von der Hand weisen.
In den Vereinigten Staaten scheint nach derzeitigem Kenntnisstand eine Rückrufaktion wie hierzulande ausgeschlossen. Selbst durch technische Umrüstungen können die erforderlichen Abgaswerte nicht erreicht werden. Daher überlegt man jetzt, ob man die betroffenen Fahrzeuge trotz höherem Ausstoß auf der Straße belässt und im Gegenzug dafür finanzielle Entschädigung verlangt. Dabei ist deren Ausmaß ebenso wie mögliche Strafzahlungen nur schwer voraussehbar. Gepaart mit den Einbrüchen der Absatzzahlen bleibt die Lage also weiterhin angespannt. Auch die Auswirkungen der Klagen können derzeit nicht hinreichend beziffert werden.
Während man also mit den Folgen von Dieselgate zu kämpfen hat, bleiben zukünftige Pläne aber nicht außer Betracht. So hat man gerade im Bereich der Lobbyarbeit bei Volkswagen einen Kurswechsel vollzogen und das Chefbüro kurzerhand drei Häuserblocks vom Weißen Haus verlegt. So soll eine engere Zusammenarbeit und Einflussnahme gewährleistet werden. Darüber hinaus hat man eine der größten Lobbyfirmen zur Unterstützung mit Aufgaben betraut. Doch ist auch das im Hinblick auf die Krise ein schwieriges Unterfangen. So könnte ein Hochfahren von Spenden- und Lobbyaktivitäten auch nach hinten losgehen, weil das Verhalten in Washington als opportunistisch erscheint.
Volkswagen hat weiter mit den Konsequenzen von Dieselgate zu kämpfen. Noch steht man hinter Pötsch und Müller, auch weil es kaum Alternativen gibt und die Struktur des Automobilherstellers solche nicht vorsieht. Sollten sich die Anschuldigungen im Zuge der aktuellen Ermittlungen aber bewahrheiten, könnte sich dies schnell ändern. Für Aktionäre hingegen können wir aus anwaltlicher Sicht nur dazu raten, eine Überprüfung der jeweiligen Sachlage vornehmen zu lassen. Die Geltendmachung kapitalmarktrechtlicher Ansprüche kann mit einem erheblichen Mehrwert verbunden sein. Kontaktieren Sie uns für eine kostenlose Erstberatung doch einfach telefonisch unter 02461/8081 oder dem unten beigefügten Formular. Weitere Informationen zu Dieselgate bei Volkswagen finden Sie auch in unserer Rubrik.
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