Am Donnerstag hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Betroffenen des Dieselskandals, die ihr Fahrzeuge geleast haben, kein Anspruch auf Schadensersatz zusteht. Allerdings kann das Urteil nur für das klassische Kilometerleasing, nicht aber für Full-Service-Leasing gelten. Warum und wie die beiden Leasingarten voneinander zu unterscheiden sind, erfahren Sie hier im Folgenden!
In dem vorliegenden Fall vor dem BGH klagte ein Geschädigter des Dieselskandals, der sein Auto geleast hatte, auf Schadensersatz. Die Karlsruher Richter verneinten einen Anspruch. Der Kläger bekommt die geleisteten Leasingraten nicht zurück. Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass im Gegensatz zum Autokauf der Leasinggeber das wirtschaftliche (Kalkulations-) Risiko trägt. Es handle sich um eine andere Investitionsentscheidung, sodass kein Anlass zu Schadensersatzzahlungen bestehe. Dann würde der anzurechnende Nutzungsvorteil den Leasingzahlungen entsprechen.
Die Entscheidung betrifft jedoch nur den klassischen Fall des Kilometerleasing. Das Urteil kann hingegen nicht für Flottenfahrzeuge gelten. Bei Flottengeschäfte handelt es sich in der Regel um Full-Service-Leasing. Dies stellt keinen Unterfall des Kilometerleasings, sondenr eine ganz andere, eigenständige Leasingart dar.
Beim Full-Service-Leasing treten weitere Servicekomponenten neben das eigentliche Leasing. Es gibt insbesondere die Möglichkeit, die Fahrzeuge später zu erwerben oder den Vertrag anzupassen bzw. umzustufen. Dabei kann beispielsweise eine Anpassung in Bezug auf die Laufzeit vorgenommen werden – auch außerhalb des Leasingerlasses. Außerdem hat man die Möglichkeit, den Vertrag auch vorzeitig zu beenden oder sich früher rauszukaufen.
Im Gegensatz dazu ist wesentlicher Bestandteil des Kilometerleasingvertrags eine genau definierte Vertragslaufzeit, innerhalb derer eine vertraglich festgelegte Anzahl an Kilometern gefahren werden kann. Der Leasingnehmer muss die Kosten für Steuer, Versicherung, Instandhaltung, Wartung, Tanken und Säuberung alle selbst tragen. Beim Full-Service-Leasingvertrag hingegen entfallen diese Kosten.
Die Vertragslaufzeit von Full-Service-Leasing gestaltet sich weitaus flexibler als beim starren Kilometerleasingvertrag. In der Praxis findet man den Full-Service-Leasingvertrag oft in der Kombination mit einem Rahmenvertrag über eine Fahrzeugflotte, so dass die Autos jederzeit gewechselt werden können.
Einzelleasingverträge können somit mit kurzer Frist beendet werden. Dabei gibt es die zusätzlich flexible Option, die Fahrzeuge jederzeit käuflich zu erwerben. Eine eindeutige Unterscheidung zwischen dem Kilometerleasingvertrag und dem Full-Service-Leasingvertrag ergibt sich auch durch den Leasingerlass des Bundesfinanzministeriums.
Die Entscheidung der Karlsruher Richter kann neben Full-Service-Leasing erst recht nicht für Finanzierungsleasing gelten. Hier trägt das wirtschaftliche Risiko der Leasingnehmer. Aus Sicht des Leasinggebers steht, anders als beim Kilometerleasing, nicht die reine Gebrauchsüberlassung, sondern der Finanzierungsgedanke im Vordergrund. Hier ist die Vollamortisierung durch den Leasingnehmer primärer Vertragszweck.
Der BGH hat mit Urteil vom 30.07.20 entschieden, dass der Schaden beim Autokauf nicht erst im tatsächlichen Minderwert des Fahrzeugs, sondern schon im Abschluss eines ungewollten Vertrags liegt. Dies gilt auch für den Leasingnehmer.
Er ist dem Käufer insofern gleichzustellen, als dass er neben sämtlichen Risiken und Pflichten für das Leasingobjekt auch das Risiko einer Stilllegung oder Betriebseinschränkung übernimmt. Aufgrund der Abtretung der Gewährleistungsansprüche gegen den Hersteller des Leasinggebers an den Leasingnehmer, verbunden mit einem Gewährleistungsausschluss gegenüber dem Leasinggeber, sprechen die Bedingungen eines Leasingvertrag das Risiko der Mangelhaftigkeit der Leasingsache dem Leasingnehmer zu.
Der Leasingnehmer hätte zudem die abgasmanipulierten Fahrzeuge nicht in die Flotte aufgenommen, wenn offengelegt worden wäre, dass die tatsächlich höheren Werte die Auflagen bezüglich des CO2-Ausstoßes wesentlich überschreiten.
Es ist davon auszugehen, dass der Vertrag vom Leasingnehmer in Kenntnis der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs aufgrund des Einsatzes der Manipulationssoftware so nicht gewollt gewesen wäre. Somit ist hier ein Schaden des Leasingnehmers zu bejahen.
Die Richter haben ausgeführt, dass im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass der objektive Leasingwert durch die Verwendung einer Manipulationssoftware geringer gewesen wäre als der vereinbarte Leasingpreis. Dies lässt sich nur so erklären, dass der betroffene Kläger offenbar versäumt hat, diesbezüglich vorzutragen.
Der Leasingpreis wird zum Großteil aus dem Anschaffungspreis des Leasinggutes gebildet.
Der Anschaffungspreis wäre in Kenntnis des Abgasskandals wesentlich geringer ausgefallen,
womit auch die Leasingrate entsprechend geringer gewesen wäre. Man hätte somit davon
ausgehen können, dass sich für Leasingflotten in jedem Fall ein Schaden beim Leasingnehmer
realisiert hat.
Wenn der Kläger dies in dem zu entscheidenden Fall vor dem BGH vorgetragen hätte, wäre das Urteil auch positiv für den Leasingnehmer ausgefallen.
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