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Der Pflegegrad spielt für einen selbst oder den Angehörigen, der zum Pflegefall wird, eine wichtige Rolle: er ist das juristische Werkzeug, um von der Versicherung Pflegeleistungen zu erhalten. Was der Pflegegrad besagt, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen und welche Leistungen man je nachdem erhält, erfahren Sie hier bei uns!
Der Pflegegrad ist ein juristisches Mittel, um pflegebedürftige Personen danach einzustufen, wieviel Hilfe sie im Alltag benötigen. Mit dem Pflegegrad sind Leistungen verbunden, die die Betroffenen von der Pflegekasse erhalten. Dabei gilt: je höher der Pflegegrad, desto geringer ist die Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen und desto mehr Leistungen erhält man von der Pflegekasse.
Entscheidend für den Erhalt eines Pflegegrads ist somit die Einschränkung der Selbstständigkeit. Die Einschränkung kann sich in unterschiedlichen Bereichen manifestieren, wie beispielsweise der Mobilität, Selbstversorgung oder kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten. Wie selbstständig eine Person tatsächlich ist, wird mithilfe eines Punktesystems ermittelt. Die Bewertung bewegt sich zwischen 0 und 100 Punkten. Ab 12,5 Punkten erreicht man den ersten Pflegegrad.
Beachten Sie, dass ein Pflegegrad nicht mit einer Pflegestufe gleichzusetzen ist. Der Unterschied besteht darin, dass eine andere Einstufung vorgenommen wird, obwohl Pflegestufen dieselbe Aufgabe wie Pflegegrade erfüllen.
Ab wievielen Punkten man welchen Pflegegrad erreicht, zeigen wir Ihnen im Folgenden:
1. Pflegegrad:
Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, 12,5 bis unter 27 Punkte
2. Pflegegrad:
Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, 27 bis unter 47,5 Punkte
3. Pflegegrad:
Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, 47,5 bis unter 70 Punkte
4. Pflegegrad:
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, 70 bis unter 90 Punkte
5. Pflegegrad:
Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung, ab 90 Punkten
Der Pflegegrad ist schriftlich oder telefonisch bei der Pflegekasse zu beantragen – und das so früh wie möglich, da das Antragsdatum entscheidend für den Bezug der Pflegeleistungen ist. Erhält man einen Pflegegrad, werden die Leistungen der Pflegekasse rückwirkend lediglich bis zum Antragsdatum bewilligt.
Der Antrag muss entweder vom Pflegebedürftigem selbst oder einer Person mit entsprechender Vollmacht gestellt werden.
Nach Eingang des Antrags wird bei gesetzlich Pflegeversicherten regelmäßig der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) mit einer Begutachtung beauftragt. Darauf folgt die Mitteilung eines Termins, an dem neben dem Pflegebedürftigem auch Angehörige oder andere Pflegepersonen teilnehmen können. Der entsprechende Gutachter ermittelt dann sowohl die körperliche, als auch geistige Verfassung des Pflegebedürftigen in verschiedenen Bereichen durch Punktevergabe nach dem Neuen Begutachtungsassessment (NBA).
Denken Sie hierbei daran, nicht aus Bescheidenheit oder Scham die notwendige Unterstützung herunterzuspielen! Auch wenn es unangenehm ist, sollten Sie den Tatsachen ins Auge zu sehen und klar zu benennen, was man kann und was nicht. Das kann sich nur zu Ihren Gunsten auswirken! Andernfalls könnte Ihr Pflegebedarf als zu niedrig eingestuft werden. Dies hat zur Konsequenz, dass Sie weniger Pflegeleistungen erhalten.
Sobald Sie den Bescheid von der Pflegekasse erhalten, sollten Sie das Gutachten auf seine Richtigkeit überprüfen. Nicht selten werden Anträge zu Unrecht abgelehnt oder ein zu niedriger Pflegegrad anerkannt. Sie müssen den Bescheid nicht akzeptieren, sondern können innerhalb einer vierwöchigen Frist Widerspruch dagegen einlegen. Zunächst reicht ein formaler Widerspruch, für die Begründung können Sie sich Zeit nehmen und sich von einem Rechtsanwalt unterstützen lassen. Gerade im Pflegebereich ist aus juristischer Sicht viel Fingerspitzengefühl und taktisches Vorgehen erforderlich.
Die Pflegeversicherung stellt eine Vielzahl von Geld-, Sach- und Dienstleistungen bereit.
Pflegebedürftigen steht als Geldleistung Pflegegeld zu, mit dem die häusliche Pflege und Betreuung sichergestellt wird. Dies wird zur freien Verfügung ab dem zweiten Pflegegrad ausgezahlt, wenn man zu Hause gepflegt wird. Je nach Pflegegrad erhalten Pflegebedürftige monatlich zwischen 316 und 901 €.
Bei Pflegesachleistungen handelt es sich um Dienstleistungen mobiler Pflegedienste, die direkt erbracht und über die Pflegekasse abgerechnet werden. Da pflegebedürftige Menschen möglichst lange zu Hause gepflegt werden sollen, übernimmt die Pflegekasse bei den Pflegesachleistungen die Kosten für körperbezogene Pflegemaßnahmen, pflegerische Betreuungsmaßnahmen oder Hilfen bei der Haushaltsführung. Je nach Pflegegrad erhält man häusliche Pflegehilfe im Wert von 689 € ab dem zweiten Pflegegrad, 1298 € ab dem Dritten und 1612 € ab dem Vierten. Man erhält 1995 € ab dem fünften Pflegegrad.
Pflegebedürftige haben zusätzlich die Möglichkeit, einen Entlastungsbetrag zu beantragen. Dieser hat den Zweck, die Unterstützung durch einen Pflegedienst zu finanzieren, um die Angehörigen zu entlasten. Der Betrag kann mit Vorlage eines geeigneten Nachweises bis zu 125 € pro Monat ausfallen.
Außerdem bekommen Pflegebedürftige 40 € monatlich für Pflegehilfsmittel, die im Alltag verbraucht werden. Darunter fallen beispielsweise Windeln, Desinfektionsmittel oder Einweghandschuhe.
Um die eigene Wohnung besser auf einen Pflegefall auszurichten, haben Pflegebedürftige die Möglichkeit, bis zu 4000 € im Jahr für Maßnahmen zu erhalten, die das Wohnumfeld verbessern. Dies kann zum Beispiel ein nötiger barrierefreier Umbau sein.
Auch werden Wohngruppenpauschale für 214 € pro Monat zur Verfügung gestellt.
Zudem haben Sie Anspruch auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträge durch die Pflegeversicherung, wenn der pflegende Angehörige nicht mehr oder nur noch teilweise berufstätig ist. Zusätzlich sind pflegende Angehörige bei der Pflege gesetzlich unfallversichert.
Der Pflegegrad hat eine weitere wichtige Bedeutung: er ist in vielen Pflegeheimen Voraussetzung, um einen Platz zu bekommen. Viele Einrichtungen lehnen prinzipiell die Aufnahme von Personen ohne Pflegegrad ab. Um in einem Pflegeheim aufgenommen zu werden, muss man pflegebedürftig sein und eine Pflege zu Hause darf nicht oder nicht mehr möglich sein.
Wenden Sie sich bei weiteren Fragen an die Kanzlei Mingers & Kreuzer! Wir beraten Sie gerne. Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular. Weitere Rechtswege finden Sie in unserem Blog oder YouTube-Channel. Dieses aktuelle Video zur Gesundheitsvorsorge bei Kindern, von Rechtsanwalt Markus Mingers persönlich erklärt, könnte Sie thematisch ebenfalls interessieren.
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