Bild:josefkubes/shutterstock.com
Es klingt ein wenig merkwürdig, aber aus einem Gefängnis auszubrechen ist nach deutschem Strafgesetzbuch keine Straftat. Warum das so ist und warum man meist doch Strafen auferlegt bekommt, wenn man es versucht, erklären wir Ihnen jetzt.
Auch wenn die meisten Gefangenen nicht lange draußen sind – Ausbrüche oder die Versuche gibt es immer wieder. Im Jahr 2014 erst sägten zwei Häftlinge der JVA Berlin-Moabit die Gitterstäbe ihrer Zelle durch, seilten sich wie im Film mit zusammen geknoteten Bettlacken ab und entkamen anschließend über die hohe Gefängnismauer.
Die beiden Häftlinge waren nur einige Stunden frei, bevor die wieder in ihre Zellen zurückgeführt wurden, aber war dies tatsächlich schon ein Verbrechen? Man mag es kaum glauben, aber das alles war gesetzlich erlaubt. Der Gefängnisausbruch ist nämlich in Deutschland theoretisch straffrei. Diese Straffreiheit begründet der Gesetzgeber mit dem Rechtsverständnis aus dem 19. Jahrhundert: Jeder Mensch verfügt über einen natürlichen Freiheitsdrang, der auch vom Gesetzgeber respektiert werden muss. Also ist folglich der Versuch oder die Tat sein Freiheitstrieb nach zukommen kein strafwürdiges Verhalten. Diese Sichtweise ist jedoch auf der Welt nicht weit verbreitet. Lediglich Österreich, Belgien und Mexiko vertreten die gleiche Sichtweise wie Deutschland.
Im deutschen Strafrecht gibt es kein „Gefängnisausbruch“ oder „Flucht aus der Haft“. In der Theorie kann ein Insasse so oft versuchen aus dem Gefängnis auszubrechen, wie er möchte, ohne dass er dafür rechtlich belangt werden kann. Doch in der Praxis ist eine straffreie Flucht nicht so einfach.
Während der Flucht wird nämlich alles als Straftat gewertet, was verbrochen wird. Wer seine Gitterstäbe am Zellenfenster durchsägt begeht Sachbeschädigung. Wer einen Vollzugsbeamten überwältigt oder in seine Gewalt bringt, muss sich später wegen Körperverletzung oder sogar Geiselnahme verantworten. Diese Taten sind alles Straftaten, die später geahndet werden.
Der Gefängnisausbruch, das Streben nach der Freiheit ist also keine Straftat, die Beihilfe zur Flucht schon. Hierfür schuf der Gesetzgeber einen eigenen Paragraphen. § 120 StGB besagt, dass die Gefangenenbefreiung oder die Beihilfe zur Flucht eine Straftat ist, die mit einer hohen Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft wird. Justizvollzugsbeamte, die Insassen zur Flucht verhelfen werden sogar mit noch hören Strafen belegt.
Das deutsche Gesetzbuch bestraft den Gefängnisausbruch zwar nicht, trotzdem bleiben negative Konsequenzen für den Häftling nicht aus. Ein nicht erlaubtes entfernen aus der Zelle verstößt nämlich gegen die Hausordnung der JVA. Dadurch kann einem Insassen Sanktionen auferlegt werden, die den Aufenthalt in der JVA nicht angenehmer machen. Der Ausbruch wirkt sich natürlich auch negativ auf das Führungszeugnis aus. Eine frühzeitige Entlassung wegen „guter Führung“ ist dann auch ausgeschlossen. Wer sich jedoch stets vorbildlich verhält, kann damit rechnen, dass er früher als geplant aus der Haft heraus kann – dann komplett straffrei.
Sollten Sie Fragen rund um das Thema haben, stehen wir Ihnen als Experten im Strafrecht gerne zur Seite. Erreichen können Sie uns telefonisch unter 02461/8081 oder dem unten beigefügten Formular.
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