Trotz Impfquote von rund 80 Prozent bei den über 18 Jährigen steigen die Infektionszahlen weiter an. Die Impfquote wird für zu niedrig gehalten: Deshalb werden die Rufe nach einer Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen oder in bestimmten Einrichtungen lauter – Doch wäre eine solche Impfpflicht rechtlich überhaupt möglich?
Vor einiger Zeit war es in Deutschland noch Pflicht, das eigene Kind im ersten Jahr nach der Geburt gegen Pocken impfen zu lassen. Diese 1874 eingeführte Impfpflicht wurde erst in den 70er Jahren stufenweise abgeschafft. Doch auch in der Jetztzeit gibt es ein vergleichbares Beispiel.
Das aktuellste Beispiel für eine Impfpflicht für bestimmte Einrichtungen ist das Masernschutzgesetz. Seit Anfang des vergangenen Jahres ist es in Deutschland für Betreuer und Kinder in Schulen und Kitas, für bestimmtes medizinisches Personal und Menschen, die in gemeinschaftlichen Einrichtungen leben, verpflichtend, sich gegen Masern impfen zu lassen.
Die Impfpflicht knüpft also an die Anwesenheit in bestimmten Einrichtungen an, bei denen von einer erhöhten Infektionsgefahr ausgegangen wird. Ziel ist es, den Infektionsschutz zu erhöhen, ohne auf eine allgemeine Impfpflicht zurückgreifen zu müssen.
Vergleichbare Überlegungen für eine Impfpflicht die sich auf bestimmte Berufsgruppen und Einrichtungen beschränkt, gibt es jetzt auch für die Eindämmung der Corona-Pandemie.
Grundsätzlich kann eine Impfpflicht per Gesetz oder durch Rechtsverordnung eingeführt werden. Die Masern-Impfpflicht wurde im Infektionsschutzgesetz geregelt. Das Infektionsschutzgesetz erlaubt es eine Impfpflicht für bedrohte Teile der Bevölkerung einzuführen, soweit das Ziel ist, eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verläufen einzudämmen, wenn mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist.
In Betracht käme auch eine Pflicht zur Impfung, durch eine vom Gesundheitsministerium erlasse Rechtsverordnung festzulegen. Das kann das Gesundheitsministerium jedoch ebenfalls nicht eigenständig, sondern nur mit Zustimmung des Bundesrates durchsetzen.
Wenn das Gesundheitsministerium von seiner Verordnungs-Kompetenz jedoch keinen Gebrauch macht, haben die Länder eigenständig die Möglichkeit eine Impfpflicht für ihr Bundesland zu erwirken.
Für die rechtmäßige Durchsetzung einer Impfpflicht müsste diese nach stets aktueller Betrachtung verhältnismäßig sein. Grundsätzlich greift eine Impfplicht in das Recht auf körperliche Unversehrtheit ein. Dies wäre nur rechtmäßig, soweit die Maßnahme eine legitimen Zweck verfolgt und geeignet, erforderlich und angemessen wäre.
Den Staat trifft die Verpflichtung, die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit zu schützen. Diese Schutzfunktion des Staates findet ihren Ursprung ebenfalls in den Grundrechten. Aktuell geht es wohl vorrangig darum, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Der verfolgte Zweck ist daher durchaus legitim.
Impfungen sind grundsätzlich einer der wirksamsten und wichtigsten präventiven Maßnahmen. Laut Aussagen des Robert-Koch-Instituts, schützt eine Impfung gleichermaßen vor einem schweren Krankheitsverlauf, wie davor andere anzustecken.
Fraglich ist, ob ein milderes ebenso schützendes Mittel ersichtlich ist. Ein gleich geeignetes Mittel könnte ein Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren sein. Die Therapien bei erfolgter Infektion sind und werden weiter verbessert. Die vulnerablen könnten möglichst schnell ihre „Auffrischungs-Impfung“ erhalten. Regelmäßige Testungen sind laut aktueller Faktenlage wohl ähnlich geeignet. Impfangebote könnten weiter lukrativ gemacht werden und weiter Anreize gesetzt werden, die eine autonome Entscheidung „für das Impfen“ bezwecken. Dennoch sieht die Regierung aktuell wohl die Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme als gegeben an.
Am Ende muss dann abgewogen werden – Die körperliche Unversehrtheit derer, die eine Impfung nicht wollen und in solchen Abteilungen arbeiten, mit den Grundrechten derjenigen Personen, die auf die Funktion des Gesundheitssystems angewiesen sind. Hier wird es am Ende vor allem auf mögliche Ausnahmeregelungen ankommen, beispielsweise aus medizinischen Gesichtspunkten.
Für Personen, die in diesen Einrichtungen arbeiten, könnte das vor allem arbeitsrechtliche Konsequenzen mit sich ziehen. In Betracht kommt eine Versetzung in andere Bereiche – Ist dies nicht möglich, so ist sogar eine Kündigung denkbar. Darüber hinaus könnten Bußgelder nach dem Infektionsschutzgesetz verhängt werden, wenn man den nötigen Impfnachweis nicht erbringt. Hierbei sind Bußgelder bis zu mehreren tausend Euro denkbar.
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