Bild: Tobias Arhelger / shutterstock.com
Vergangene Woche, am 3. April 2019, fand zum wiederholten Male ein Blitzmarathon in mehreren Bundesländern statt. Wer bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung erwischt wurde, muss nicht zwingend mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Hier erfahren Sie, wie gegen eine drohende Strafe vorgegangen werden kann.
Mit der 2012 ins Leben gerufenen Aktion machen die Polizeibehörden deutschlandweit auf die Gefahr aufmerksam, die von Temposündern ausgeht. Im Rahmen der Aktion werden an zahlreichen Standorten Messungen vorgenommen, die teilweise 24 Stunden andauern.
Für die Fahrer, die das Tempolimit überschritten haben erwischt wurden, besteht dennoch Hoffnung, ohne eine Geldstrafe davonzukommen. Beim Vorgehen gegen einen entsprechenden Bescheid der zuständigen Behörde sind die Raser auf anwaltliche Hilfestellung angewiesen, da nur Anwälte Zugang zu den Ermittlungsakten erhalten und diese auf Fehler prüfen können.
Zunächst einmal erhält der Halter des geblitzten Fahrzeugs im Rahmen der Ermittlungen der Bußgeldstelle einen Anhörungsbogen, mit dessen Hilfe der Fahrer ermittelt werden soll. Grundsätzlich geht die zuständige Stelle davon aus, dass der Halter im jeweiligen Fall auch das Fahrzeug als Fahrer geführt hat. Zu diesem Vorwurf kann man sich auf dem Anhörungsbogen äußern.
Wir empfehlen Ihnen, sich vorher anwaltlichen Rat zum Sachverhalt und dem weiteren Vorgehen einzuholen. So haben sich in den letzten Jahren verschiedene Strategien entwickelt, wie man gegen Bußgeld und Punkte vorgehen kann.
Zunächst einmal besteht die Möglichkeit, dass sich der Bußgeldbescheid von selbst erledigt. Entscheidend ist hierbei, dass Ordnungswidrigkeiten bereits innerhalb von drei Monaten nach der Tat verjähren. Innerhalb dieser Frist muss die zuständige Behörde den Fahrer ausfindig gemacht und einen entsprechenden Bußgeldbescheid erlassen haben.
Allerdings wird die Verjährungsfrist einmalig durch eine Anhörung unterbrochen und beträgt von diesem Zeitpunkt an wiederrum drei Monate. Da sowohl die Anhörung durch die Polizei als auch die Zustellung eines Anhörungsbogens eine solche Unterbrechung bewirken können, versäumt es die Bußgeldstelle immer mal wieder rechtzeitig einen Bußgeldbescheid zu erlassen. Sie prüft nicht, ob vor Ort eine Anhörung durch die Polizei stattgefunden hat und geht infolgedessen fälschlicherweise davon aus, dass die Frist mit Zustellung des Anhörungsbogens erneut zu laufen beginnt. Somit kann sich der Bußgeldbescheid von selbst erledigen.
Um den Fahrer in einem möglichen Verfahren rechtlich belangen zu können, muss dieser eindeutig als Fahrer identifiziert werden. Sofern die Messung nicht durch Polizeibeamte vor Ort, sondern mittels fest installierter Blitzanlage durchgeführt wurde, kann die Identifizierung nur anhand des geschossenen Beweisfotos erfolgen. Zwar dürfen die Ermittlungsbehörden dem möglichen Fahrer einen Besuch zu Hause abstatten oder Profilbilder aus sozialen Netzwerken als Vergleich heranziehen. Eine eindeutige Identifizierung, die vor Gericht einen Erfolg nach sich zieht, ist gar nicht so leicht zu bewerkstelligen.
Da eine Vielzahl von biometrischen Merkmalen auf dem Bild für die Identifikation der Person sprechen müssen, ist die Einbeziehung eines Sachverständigen unumgänglich. Wenn aber das Gesicht des Fahrers teilweise durch dessen Hand oder eine Sonnenblende verdeckt wird, ist eine erfolgreiche Identifizierung gar unmöglich. In dem bleibt der Tempoverstoß ohne Strafe.
Als Konsequenz einer fehlgeschlagenen Identifizierung des Fahrers, kann die Verwaltungsbehörde dem Halter des Fahrzeugs für die Zukunft die Pflicht auferlegen, ein Fahrtenbuch zu führen. Die Fahrtenbuchauflage stellt eine vorbeugende Maßnahme dar, mit deren Hilfe etwaige Verstöße in Zukunft hinreichend geahndet werden können. Eine solche Auflage ist nur befristet möglich. In der Regel beträgt die Dauer höchstens ein Jahr. Da die Rechtsprechung bezüglich der Thematik bisher noch nicht sehr aussagekräftig ist, empfehlen wir Ihnen, eine solche Anordnung durch einen Anwalt prüfen zu lassen.
Für den Fall, dass der Fahrer zweifelsfrei identifiziert werden kann, besteht noch die Möglichkeit sich etwas genauer mit dem Messgerät zu beschäftigen. Nach unserer Erfahrung weisen viele Geschwindigkeitskontrollen Messefehler auf und sind daher rechtlich angreifbar.
Unter anderem dürfen Blitzanlagen nur von geschulten Beamten bedient werden und müssen geeicht sein, was jeweils hinreichend protokolliert sein muss. Darüber hinaus weigern sich die Hersteller solcher Anlagen detaillierte Angaben zu machen um Geheimnisse zu ihrer Technik zu wahren. Dies führt zu Gerichtsurteilen, bei denen die Verwertbarkeit der Messung in Frage gestellt wird.
Eine weitere Angriffsfläche bietet die Einschaltung von privaten Dienstleistern zum Vornehmen von Geschwindigkeitskontrollen aufgrund personeller Engpässe. So verlangt das Gesetz, dass die Verwaltung jederzeit „Herrin des Verfahrens“ ist. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Behörde über das „wie“, „wo“ und „wann“ der Überwachung bestimmt. Da die Dienstleister in der Regel an den Verstößen der Verkehrsteilnehmer mitverdienen, sind Experten skeptisch, ob die Voraussetzungen tatsächlich bei jeder Kontrolle gegeben sind. Zudem kommt es nicht selten vor, dass sich um der Einnahmen willen Fehler in der Protokollierung einschleichen oder gar der Toleranzabzug zu gering war.
Von einer Bestrafung kann das Gericht absehen, wenn bei der Überschreitung des Tempolimits Umstände vorlagen, die das Verhalten des Fahrers entschuldigen. Grundsätzlich werden Ordnungswidrigkeiten nur bei mindestens fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen geahndet. Muss der Fahrer einem Hindernis ausweichen und übersieht infolgedessen die Geschwindigkeitsbegrenzung, kann das Gericht Milde walten lassen. Als kompliziert erachtet sich in einem solchen Fall lediglich die Beweisführung.
Von der Geschwindigkeitsmessung bis hin zum Bußgeldverfahren können sich Fehler einschleichen, die vor Gericht oder gar vor einem möglichen Gerichtsverfahren gerügt werden können. Verjährungsfrist, mangelnde Beweise oder Technik oder entschuldigende Umstände. Gerade, wenn Sie beruflich auf den Führerschein angewiesen sind, sollten Sie eine Bestrafung nicht hinnehmen, sondern sich rechtlichen Rat einholen und bei entsprechender Erfolgsaussicht dagegen vorgehen. Denn nach dem neuen Punktesystem droht Ihnen der Entzug des Führerscheins schneller als bisher.
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Bei weiteren Fragen zum Thema “Blitzmarathon”, wenden Sie sich an die Kanzlei Mingers & Kreuzer! Wir beraten Sie gerne. Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular auf unserer Website. Weitere Rechtsnews finden Sie in unserem Blog oder YouTube-Channel.
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