Bild: Pinone Pantone / shutterstock.com
Lästige Internetwerbung, jeder kennt sie: nervige PopUps, blinkende Banner — für viele User ist der Werbeblocker AdBlock Plus da eine gelungene Abhilfe. Doch viele Anbieter, Shops und Unternehmen greifen gerade bei der Umgehung der Werbeblocker wie AdBlock Plus rechtlich gerne tief in die Trickkiste. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied heute über die Zuverlässigkeit von AdBlockern und stellt damit ein ganzes Geschäftsmodell der Internetwerbung in Frage.
Das heutige Urteil wurde mit Spannung erwartet und als erstes Verfahren sogar vor laufenden Kameras verkündet. Eine Entscheidung mit extremer Trag- und hoher Reichweite also. Denn durch das Urteil des I. Zivilsenats entscheidet sich, ob Internetnutzer ihre Werbung nun blocken oder nicht.
Genauer ging es bei dem Verfahren in Karlsruhe heute um einen Rechtsstreit zwischen dem Kölner Unternehmen „Eyeo“, das den Internet-Werbeblocker AdBlock Plus betreibt, und dem Axel Springer Verlag. Springer, hinter dem u.a. bild.de, welt.de sowie das Handelsblatt und ZEIT Online stehen, hält den Werbeblocker AdBlock Plus für unlautere Behinderung am Wettbewerb. Ferner will er im Hauptantrag das Modell des Werbeblockers gänzlich untersagen lassen.
Hintergrund ist vor allem die Funktion des sog. Whitelistings. Demnach würde erheblicher Druck für die Online-Werbebranche aufgebaut, jedoch ist die Kategorisierung der Whitelist schließlich keine Pflicht für Unternehmen. Das Whitelisting bietet lediglich eine Möglichkeit zur weiteren Verbreitung von Werbung.
So funktioniert’s: Der Internet-Werbeblocker AdBlock Plus ist ein Programm, der die Einblendung von Werbung auf Internetseiten verhindert bzw. nur bestimmte Werbung durchlässt. Dafür arbeitet das Programm mit zwei Listen: der Blacklist und der Whitelist. Wer auf der Blacklist steht, wird grundsätzlich blockiert. Anzeigen werden anhand der Internetadresse des Servers erkannt, d.h. der Quellcode wird ausgelesen — Werbeanzeigen können hier also nicht gezeigt werden. Nutzer sind allerdings berechtigt bestimmte Regeln und eigene Filter aufzustellen und favorisierte Seiten zur Whitelist hinzuzufügen . Hier werden Anzeigen dann wie gehabt ausgespielt. — Der Clou: Unternehmen zahlen quasi eine Zwangsprovision, um ihre Werbung freischalten zu lassen.
Springer kritisiert das Modell des Black- und Whitelistings allerdings als erpressungsähnlichen Vorgang. Für den Verlag steht die Wirtschaftlichkeit natürlich im Vordergrund: Werbung auf den eigenen Internetseiten bringt beträchtliche Einnahmen, die wegfallen, sollten sie durch einen Werbeblocker blockiert werden. Die Argumentation liegt hier vor allem in der nicht mehr existierenden Refinanzierbarkeit des digitalen Journalismus — ohne Werbeerlöse kein Geld für das Betreiben digitalen Contents.
Grundsätzlich versteht man seitens Eyeo allerdings die Reaktion des Springer Verlags, Angebote zu sperren, wenn ein Werbeblocker installiert ist. Jedoch plädiert man auf ein angemessenes Maß an Werbung. Kompromissbereit zeigt man sich seitens des Anbieters, dass weniger und vor allem nicht aggressive Werbung durchaus zuzulassen ist.
Im Rechtsstreit geht es vor allem um § 4 sowie 4a des UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Dreh- und Angelpunkt für Springer ist das wettbewerbswidrige Handeln des AdBlock Plus Anbieters.
Unlauter handelt, wer die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerber herabsetzt oder verunglimpft; […] Mitbewerber gezielt behindert.
— § 4 UWG Mitbewerberschutz
Der BGH allerdings schiebt der Klage des Springer Verlags nun aber den Riegel vor: AdBlock Plus bleibt legal, Werbeblocker dürfen ferner gegen Geld weiter Unternehmen aus der Filtrierung nehmen. Es handelt sich dabei nicht um unlauteren Wettbewerb! Gute Nachrichten für User, denn die Legalität von AdBlock Plus bedeutet, dass Sie keine nervige Werbung befürchten müssen.
Springer zog im Kampf gegen Werbeblocker bereits bis vor das Oberlandesgericht (OLG). Zuvor unterlag er vor dem Landgericht, vor dem OLG hingegen konnte er zumindest einen Teilerfolg erstreiten. Eyeo erfülle zwar nach Auffassung des OLG nicht den Tatbestand einer gezielten Behinderung nach UWG, jedoch veranlasse der AdBlock Plus Anbieter Unternehmen dazu durch die Blockade (Blacklist) eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen (Whitelist), die sie ohne die Blockade nicht benötigten.
Blacklisting rechtmäßig: Mit dem heutigen Urteil muss nun ein Umdenken stattfinden. Vor allem das Erlösmodell. Wenn auch Springer beklagt, dass nur wenige Medien im Netz Erlöse via Bezahlschranke erzielen, so müsste doch jetzt ein Umbruch losgetreten werden.
Natürlich ist nicht nur Springer an einem generellen Verbot von Werbeblockern wie AdBlock Plus interessiert. Juristisch gäbe es hier noch einen weiteren Weg Werbeblockern den Gar auszumachen: Greifen die Werbeblocker nämlich mit Auslesen des Quellendes auf die Gesamtdarstellung der Seite ein, verletzen sie das Urheberrecht nach § 69c Urheberrechtsgesetz). Ein Zugriff der Werbeblocker in den Programmiercode ist selbstverständlich unzulässig und würde damit das Aus für die Werbeblocker bedeuten!
Erst einmal bleibt Internetnutzern und Eyeo weiterer Ärger erspart. Dennoch wird der Springer Verlag an dem heutigen BGH-Urteil zu knappen haben.
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