Bild: AlexanderPavlov/ shutter stock.com
Ein Urteil des BGH zeigt: Websitebetreiber müssen Daten von anonymen Internetnutzern nicht herausgeben – selbst wenn es sich bei den Äußerungen um unwahre Tatsachen handelt. Vermeintlich anonyme Kommentare im Netz können dennoch schwere Folgen haben. Die wichtigsten Informationen dazu finden Sie im Folgenden!
Im vorliegenden Fall vor dem BGH (Bundesgerichtshof) klagte ein Arzt gegen ein Online-Portal, auf welchem Mediziner bewertet werden können. Diese Website nutze ein anonymer Nutzer, um falsche Behauptungen über den Arzt zu verbreiten. Der Mann fühlte sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt und verlangte daraufhin die Herausgabe der Nutzerdaten, um rechtlich gegen den Verfasser vorzugehen.
Die Richter des BGH verneinten diesen Anspruch mit der Begründung, es gäbe hierfür keine gesetzliche Grundlage. Der Arzt könne somit keine Auskunft über den anonymen Nutzer verlangen – selbst wenn eine tatsächliche Verletzung der Persönlichkeitsrechte vorliegt. Das Urteil zeigt, dass, wenn man sich durch anonyme Kommentare im Internet gekränkt fühlt, grundsätzlich kein Auskunftsanspruch besteht.
Anonymität ermöglicht es, Angehörigen von Minderheiten, Kranken oder Verbrechensopfern, sich frei äußern zu können, ohne persönliche Nachteile befürchten zu müssen. Artikel 5 Grundgesetz stärkt die Meinungsfreiheit.
Zudem legt das Telemediengesetz (TMG) von 2007 fest, dass die Anbieter von Internet-Diensten die Nutzung „anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen“ haben, „soweit dies technisch möglich und zumutbar ist“. Die Anbieter dürfen die Nutzerdaten nur in den Fällen herausgeben, in denen der Nutzer ausdrücklich seine Zustimmung gibt oder es durch eine gesetzliche Grundlage zulässig ist. Laut BGH existiert ein solches Gesetz für die Herausgabe von Nutzerdaten an die Opfer verletzender Kommentare allerdings nicht.
Wer im Netz attackiert wird, hat auch folglich weiterhin keinen Anspruch darauf, vom Betreiber der Webseite die Daten des anonymen Nutzers zu erhalten.
Nichtsdestotrotz sind Opfer anonymer Angreifer im Netz nicht schutzlos ausgeliefert. Wer im Internet beleidigt wird, kann selbst eine Unterlassungsklage einreichen. Mit dieser kann ein Netzseitenbetreiber dazu verpflichtet werden, einen Kommentar zu löschen. Der Arzt, der vor dem BGH klagte, hat dies erfolgreich getan.
Wer eher gegen den Verfasser der Online-Kommentare vorgehen will, kann Strafanzeige erstellen. Stellt die Staatsanwaltschaft im Verfahren fest, dass der Kommentar möglicherweise eine Straftat darstellt, beginnt sie gegen den Urheber zu ermitteln. Konsequenzen können mitunter Hausdurchsuchungen sein.
Auch wenn die Nutzung von Pseudonymen im Internet den Nutzern etwas anderes zeigt, bewegt man sich im Netz keineswegs unerkannt – auch dann nicht, wenn man in einem Forum oder auf eine Webseite keine persönlichen Daten hinterlegt hat. Was viele nicht wissen: der Internetanschluss verfügt über eine individuelle Kennung, die sogenannte IP-Adresse. Auf diesem Weg lassen sich anonym verfasste Kommentare zurückverfolgen. Durchsuchungen zur Identifikation anonymer Nutzer nehmen zu.
Es gibt verschieden Möglichkeiten, sich durch Äußerungen im Netz strafbar zu machen. Einerseits durch falsche Tatsachenbehauptungen. Wer zum Beispiel einen Politker in einem Online-Kommentar als bestechlich bezeichnet, kann sich wegen Beleidigung (§ 185 StGB) strafbar machen. Ein Problem stellt jedoch die Abgrenzung von zwischen einem zulässigem Werturteil und der unzulässigen sogenannten Schmähkritik. Aufgabe der Richter ist es, zwischen der Meinungsfreiheit des Verfassers und dem Persönlichkeitsrecht des Opfers abzuwägen.
Des Öfteren müssen sich Gerichte mit Beleidigungen näher befassen, um herauszufinden, ob sie durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind. Grundsätzlich sind alle Beleidigungen im Internet Straftaten, die mit Freiheitsstrafen von einem bei Beleidigungen nach § 185 StGB oder mit bis zu fünf Jahren bei Verleumdung nach § 187 StGB bestraft werden. In der Praxis bleibt es oft aber nur bei Geldstrafen.
Ob tatsächlich eine Straftat vorliegt, entscheidet allein das Gericht. Für eine Durchsuchung beim Betreiber einer Webseite reicht der Staatsanwaltschaft aber bereits der Anfangsverdacht.
Wie sieht das Ganze allerdings bei der Bewertung des eigenen Arbeitgebers aus? Portale wie kununu.de sind keineswegs ein rechtsfreier Raum. Trotz vermeintlicher Anonymität im Netz kann die Aufhebung eben dieser bei Missachtung gesetzlicher Rahmenbedingungen zu weitwreichenden Konsequenzen führen, bis hin zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Daher ist es gerade für Arbeitgeber ratsam regelmäßig einen Blick in das Bewertungsportal seiner Wahl zu werfen und sich einen Überblick über die Bewertungssituation des Unternehmens sowie der Führungspositionen zu verschaffen.
Arbeitgeber müssen sich nämlich im schlimmsten Fall nicht mit jeder Bewertung abfinden. Überschreitet ein Arbeitnehmer auf dem Bewertungsportal die Grenzen der freien Meinungsäußerung kann der Arbeitgeber nicht nur die Löschung der entsprechenden Bewertung einleiten und den Bewerter sperren lassen, sondern den anonymen Status des Bewerters aufheben lassen und die zugeordneten Nutzerdaten anfordern. Gerichtlich wird dieser Forderung des betroffenen Arbeitgebers regulär stattgegeben.
Auf Bewertungsportalen wie kununu.de sollten Arbeitnehmer aufgrund dessen aufpassen, was sie – vor allem in welchem Ton – über ihren Arbeitgeber kundtun. Es handelt sich bei einer Äußerung gegen den Arbeitgeber um eine Schmähkritik oder Schmähung, wenn nicht die konstruktive Auseinandersetzung, sondern die Diffamierung einer Person im Vordergrund steht. Die Kategorisierung zwischen hartem, dennoch erlaubtem Werturteil und der Schmähkritik ist schwierig und hängt vom Einzelfall ab.
Ein typisches Beispiel für Schmähkritik wäre die Beleidigung, bspw. „Dieser Arbeitgeber / xy ist ein … (Schimpfwort; beleidigend). Üble Nachrede und Beleidigungen, wie sie im Netz häufig vorkommen, sind auch im digitalen Raum nicht erlaubt und strafrechtlich verfolgbar. Es drohen hohe Geldstrafen und sogar mehrjährige Freiheitsstrafen.
Die bewusste Vergabe unberechtigt niedriger Bewertungspunkte gilt auf Bewertungsportalen schon als falsche Tatsachenbehauptung, welche wiederum nicht gestattet ist. Es handelt sich bei falschen Tatsachenbehauptungen um Lügen, die bewusst auf dem Bewertungsportal über den Arbeitgeber verbreitet werden. Die genaue Definition ist auch hier nicht immer klar, da eine Tatsachenbehauptung meist nicht ohne Werturteil ausgesprochen werden können.
Grundsätzlich gilt auf Bewertungsportalen wie kununu.de oder allgemein im Internet, dass Tatsachenbehauptungen wahr sein müssen. Kein (Ex-)Angestellter hat im Netz das Recht Unwahres über den Arbeitgeber oder das Unternehmen zu verbreiten. Bei falschen Tatsachenbehauptungen wird in der Regel zuerst geprüft, ob der Bewertende auch tatsächlich angestellt ist oder war. Danach werden seinerseits Beweise angefordert, ob entsprechende Aussagen bzw. Behauptungen belegt werden können.
Bei weitere Fragen zu diesem Thema haben wenden Sie sich an die Kanzlei Mingers & Kreuzer! Wir beraten Sie gerne. Erreichen können Sie uns unter der Telefonnummer 02461/ 8081 oder dem Kontaktformular. Weitere Rechtswege finden Sie in unserem Blog oder YouTube-Channel. Dieses Video könnte Sie thematisch ebenfalls interessieren.
Melden Sie sich für den kostenfreien Newsletter an
und erhalten Sie wöchentlich Neuigkeiten aus der Welt des Rechts.
Melden Sie sich für den
kostenfreien Newsletter an
und erhalten Sie wöchentlich Neuigkeiten aus der Welt des Rechts.
© Mingers. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH | Impressum Datenschutz Karriere
[borlabs-cookie type=“btn-cookie-preference“ title=“Datenschutzeinstellungen anpassen“ element=“link“/]